Politik

Kein Staatsstreich in Sicht Oligarchen halten zu Putin

Der Milliardär Yury Kovalchuk (l.) gilt als "Putins persönlicher Banker" und enger Vertrauter des Präsidenten.

Der Milliardär Yury Kovalchuk (l.) gilt als "Putins persönlicher Banker" und enger Vertrauter des Präsidenten.

(Foto: REUTERS)

Der Westen bestraft Russland. Einreiseverbote, Konten- und Exportsperren: Die harten Sanktionen treffen einige Oligarchen hart. Ihnen drohen Milliarden-Verluste. Sich gegen Putin stellen? Das wollen und können die meisten trotzdem nicht.

Beim Geld hört die Freundschaft auf. Daran glaubt zumindest der Westen. Im Konflikt mit Russland zielen Sanktionen auch auf das Vermögen schwerreicher russischer Oligarchen ab - in der Hoffnung, dass sich diese gegen Putin wenden.

Wie weh diese Sanktionen tun können, hat auch Milliardär Gennady Timchenko erfahren. Vom US-Finanzministerium wird der 61-Jährige als Person beschrieben, dessen "Aktivitäten im Energiesektor eng mit Putin verknüpft sind". Weil der Westen all seine Kreditkarten gesperrt hat, konnte seine Frau nach einer Rückenoperation im Mai in der Schweiz die Rechnung nicht bezahlen.

Gennady Timchenko ist seit 20 Jahren mit Putin befreundet.

Gennady Timchenko ist seit 20 Jahren mit Putin befreundet.

(Foto: REUTERS)

Beeinflussen lassen will er sich davon aber nicht, sagt der Milliardär der russischen Nachrichtenagentur "Itar-Tass". Die Wirtschaftselite Russlands würde sich wegen der Sanktionen nicht gegen Putin stellen. Er sei sogar bereit, sein ganzes Vermögen, laut "Forbes" immerhin 14,3 Milliarden Dollar, dem Staat zu vermachen. "Die Sanktionen bereiten uns gewisse Schwierigkeiten, aber die sind unwichtig, wenn es um die Ziele unseres Landes geht", so Timchenko.

Putins Elite: zahm und loyal

Mit "wir" meint Timchenko die reichen Langzeit-Freunde und Profiteure von Präsident Wladimir Putin. Dazu gehören auch Yury Kovalchuk, Arkady and Boris Rotenberg - alles milliardenschwere Männer, die vom Westen mit Sanktionen belegt wurden. "Es ist naiv zu glauben, dass man uns mit solchen Methoden einschüchtern kann oder wir uns deswegen zurückziehen", sagt der 61-Jährige der Nachrichtenagentur.    

Die Oligarchen haben ihre Gründe, zu Putin zu stehen. Als Putin 1999 an die Macht kam, vermehrte sich ihr Reichtum rasant. Betroffen von den Sanktionen sind aber auch russische Regierungsbeamte, meist Putins ehemalige Kollegen aus dem Sicherheitsdienst und Leiter der wichtigsten staatlichen Unternehmen - die ohne Putin ihre Posten nicht halten könnten.

Ein weiterer Grund: Mit den Jahren an der Macht hat Putin ein ausgeklügeltes System entwickelt, in dem er als Schiedsrichter zwischen verschiedenen Individuen und Elite-Clans agiert, sagen Kreml-Beobachter. Seine Methode: Zuckerbrot und Peitsche. Als Ölmagnat Michail Chodorkowski im Jahr 2003 inhaftiert wurde, war dies ein Exempel. Chodorkowskis Fall sollte zeigen, was passiert, wenn man als reicher Russe versucht, Putin seine politische Macht streitig zu machen. Diejenigen, die sich aus der Politik raushalten, dürfen ihr Vermögen behalten und ihren Reichtum vermehren.

Zu abhängig

Putins Politik stößt bei Russlands Wirtschaftselite nicht nur auf Befürworter. Nach dem mutmaßlichen Abschuss des malaysischen Flugzeugs MH17 über der Ukraine seien einige Oligarchen "außer sich", berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg. Die reichen Geschäftsmänner fürchten noch härtere Sanktionen des Westens. "Was passiert, ist schlecht für Russland und schlecht fürs Geschäft", zitiert "Bloomberg" einen Milliardär, der anonym bleiben will.

Seit Beginn des Jahres haben die reichsten Männer Russlands, nach Daten von Bloomberg, umgerechnet mehr als 15 Milliarden Dollar verloren. Das liegt vor allem daran, dass der Wert ihrer Unternehmensbeteiligungen drastisch gesunken ist. Das zeigt: Die Sanktionen des Westens wirken. Ob sie die Oligarchen dazu bringen gegen Putin aufzubegehren, bleibt fraglich. Denn die Angst vor weiteren Sanktionen ist nicht so groß wie die Angst oder der Respekt vor Putin.

Andrei Piontkovsky, Politikanalyst im Ruhestand, glaubt, dass Timchenko und die anderen Mitglieder des inneren Kreises zu abhängig von Putin sind, um ihn zu stürzen und durch jemand anderes zu ersetzen. "Sie sind immer darauf vorbereitet, ihr ganzes Vermögen Putin zu geben", sagte Piontkovsky der "Moscow Times". "Denn er ist immer bereit es sich zu holen."

Quelle: ntv.de

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