Geheimakten über Afghanistan Opposition will die Wahrheit
27.07.2010, 07:58 Uhr
Was geht da vor sich? Die Dokumente zeichnen ein düsteres Bild der Lage in Afghanistan und berichten von zahlreichen Geheimoperationen.
(Foto: AP)
Die Veröffentlichung der über 90.000 Geheimakten über den Einsatz in Afghanistan bringt nicht nur die US-Regierung in Erklärungsnot. Auch in Deutschland verlangt die Opposition nach Aufklärung. Sie will "die Wahrheit über das lesen, was die Bundeswehr konkret in Afghanistan treibt". Derweil sucht das Pentagon nach dem "Verräter".
Nach der Veröffentlichung von Geheimdokumenten zum Afghanistan-Einsatz hat der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele mehr Aufklärung von der Bundesregierung verlangt. Er wolle "die Wahrheit über das lesen, was die Bundeswehr konkret in Afghanistan treibt", sagte Ströbele der "Neuen Presse".
Er bemühe sich bereits seit einem halben Jahr zu erfahren, welche geheimen Kommandoaktionen von der Bundeswehr unterstützt würden. "Und vor allem, was die Operationstruppe TF 47 der Bundeswehr dort macht." Dies sei eine geheim arbeitende Eliteeinheit. Ströbele ist des parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste.
Einsatz im Bundeswehrgebiet

Wikileaks-Gründer Julian Assange hat mit Veröffentlichung der Berichte die Debatte über den Afghanistan-Krieg angeheizt.
(Foto: REUTERS)
Die Veröffentlichung von tausenden überwiegend geheimen US-Militärdokumenten hat in Deutschland die Debatte über den Einsatz von Spezialkräften wieder angeheizt. Die Protokolle enthalten Informationen über den Einsatz der US-Spezialeinheit "Task Force 373", die auch im Zuständigkeitsbereich der Bundeswehr in Nordafghanistan stationiert ist und der auch die gezielte Tötung im Einzelfall erlaubt sein soll.
Ströbele begrüßte die Veröffentlichung der militärischen Geheimdokumente auf der Internetseite Wikileaks. "Es wird rund um den Krieg in Afghanistan viel zu viel nicht nur geheim gehalten, sondern auch gelogen. Die Wahrheit bleibt wieder einmal auf der Strecke", beklagte er.
Guttenberg: "Nicht überraschend"
Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat die Bedeutung der US-Dokumente relativiert. Viele Dinge, die aus den Dokumenten bisher bekannt geworden seien, seien "nicht gänzlich überraschend", sagte Guttenberg im ZDF. Allerdings müsse jetzt zunächst der Inhalt aller rund 92.000 Unterlagen gesichtet werden. Geprüft werde dabei auch, ob deutsche Sicherheitsinteressen betroffen seien.

Im Wesentlichen nichts Neues? Guttenberg ist nicht überrascht von den Berichten, will aber Konsequenzen ziehen.
(Foto: dpa)
Zu Berichten über die US-Spezialeinheit Task Force 373 sagte Guttenberg, die Existenz dieser Einheit sei "jedem Informierten" und auch Fachjournalisten über Jahre hinweg bekannt gewesen. Deutsche Spezialkräfte seien aber nur an Festnahmen beteiligt. Die Praxis der gezielten Tötungen bezeichnete er dagegen als "Überspitzung". Er betonte, dass die Bundesregierung all ihr Wissen darüber auch an die Oppositionsparteien im Bundestag weitergebe. Die Unterrichtungen der Obleute sei aber aufgrund von Sicherheitserwägungen geheim.
Guttenberg forderte eine klare Rechtsgrundlage für den Einsatz von Spezialkräften in Afghanistan. "Die haben wir derzeit international abgestimmt zu meiner Zufriedenheit noch nicht", sagte der CSU-Politiker.
USA jagen Verräter
Nach der Veröffentlichung der mehr als 90.000 Geheimberichte sucht die amerikanische Regierung derweil nach der undichten Stelle. "Wir werden alles unternehmen was notwendig ist, um herauszufinden, wer für das Datenleck verantwortlich ist", kündigte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Geoff Morrell, in Washington an. In der Regierung gebe es die Befürchtung, dass weitere geheime Informationen an die Öffentlichkeit gelangen könnten. Das sei derzeit nicht auszuschließen.
Dem Ministerium zufolge wird die Bewertung der veröffentlichten Dokumente Tage oder sogar Wochen dauern. Deshalb sei der Schaden für die Sicherheit des Landes derzeit noch nicht abzusehen.
Aus den Berichten ergibt sich ein drastisches Bild des Krieges in Afghanistan. Das Material belege unter anderem, dass die Situation im deutschen Verantwortungsgebiet im Norden weit schlechter sei als von der Bundesregierung dargestellt, berichtete der "Spiegel".
Quelle: ntv.de, tis/dpa/rts