Ungarns "Friedensmission" Orban telefoniert mit Putin - "Gefährlichste Wochen" des Krieges
11.12.2024, 18:50 Uhr Artikel anhören
Putin legte Orban russischen Angaben zufolge seine Sicht der Dinge dar. Demnach blockiert Kiew eine Lösung.
(Foto: REUTERS)
Am Montag besucht Ungarns Ministerpräsident Orban den designierten US-Präsidenten Trump. Zwei Tage später telefoniert er mit Kremlchef Putin. Dazwischen lässt er ankündigen, dass die Bemühungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs fortgesetzt würden. Der ukrainische Präsident Selenskyj kritisiert das.
Der russische Präsident Wladimir Putin und der ungarische Regierungschef Viktor Orban haben miteinander telefoniert und über den Ukraine-Krieg gesprochen. Das Gespräch habe auf Wunsch der ungarischen Seite stattgefunden, teilte der Kreml mit. Dabei habe Orban seine Bereitschaft erklärt, zu einer Lösung der Krise mit politischen und diplomatischen Mitteln beizutragen. Dazu könnte er seine Kontakte zu westlichen Politikern nutzen. Putin erläuterte nach Kreml-Angaben seine Sicht der Dinge: Kiew verfolge eine destruktive Linie und schließe weiterhin die Möglichkeit einer friedlichen Beilegung des Konflikts aus.
Bei X schrieb Orban, dass das Gespräch eine Stunde gedauert habe. Derzeit seien es die "gefährlichsten Wochen" des Krieges. Ungarn unternehme alle möglichen diplomatischen Schritte, um für einen Waffenstillstand und für Friedensgespräche zu werben. Gleiches schrieb er bei Facebook. Beobachter schlossen daraus, dass das Telefonat keine greifbaren Ergebnisse brachte. Wann das Telefonat stattfand, teilte der Kreml nicht mit.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte das Telefonat von Orban mit Putin. "Niemand sollte sein persönliches Image auf Kosten der Geschlossenheit stärken", schrieb Selenskyj auf X. Ohne Beteiligung der Ukraine könne es keine Diskussionen über den Krieg geben.
Orban entgegnete bei X, dass Ungarn zum Ende seiner EU-Ratspräsidentschaft "neue Anstrengungen für den Frieden unternommen" habe. So habe man "einen Waffenstillstand zu Weihnachten und einen groß angelegten Gefangenenaustausch vorgeschlagen", schrieb er. "Es ist traurig", dass Selenskyj dies "abgelehnt und ausgeschlossen hat. Wir haben getan, was wir konnten!"
Erst am Vortag hatte der ungarische Außenministerin Peter Szijjarto angekündigt, dass Orban nach seinem Besuch beim designierten US-Präsidenten Donald Trump seine "Friedensmission" fortsetzen werde. "Es wird diese Woche mindestens zwei weitere Veranstaltungen geben, die morgen und übermorgen Teil der ungarischen Friedensmission sein werden", sagte Peter Szijjarto. Einzelheiten nannte er zunächst nicht. Möglich, dass er dabei auf das Telefonat anspielte.
Zu Wochenbeginn hatte sich Orban mit Trump in dessen Privatresidenz in Mar-a-Lago im Bundesstaat Florida getroffen. An dem Treffen nahm nach Angaben Orbans auch der Hightech-Milliardär und Trump-Berater Elon Musk teil. Auch Szijjarto war mit nach Florida gereist. Trump hatte im Wahlkampf verkündet, dass er den Ukraine-Krieg "binnen 24 Stunden" beenden werde - bis heute hat er aber nicht erläutert, wie genau er dies bewerkstelligen will. Die Ukraine befürchtet, dass sie bei einem Friedensschluss weitreichende Zugeständnisse machen und Gebiete an Russland abtreten soll.
Orban ist der engste Verbündete von Kreml-Chef Wladimir Putin in der EU. Er hat seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 wiederholt Friedensgespräche gefordert und sich geweigert, Militärhilfe in die Ukraine zu senden. Im Juli zog er mit einer selbsterklärten "Friedensmission" und einem Besuch bei Putin in Moskau scharfe Kritik der EU-Partner auf sich.
Bei ihrem Telefongespräch am Mittwoch tauschten sich Putin und Orban laut Kreml auch über die Zusammenarbeit im Wirtschafts- und Handelsbereich aus, insbesondere im Energiebereich. Ungarn importiert nach wie vor rund zwei Drittel seines Gasbedarfs aus Russland.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/rts