Politik

"Starke Unzufriedenheit" Pekings verletzte Gefühle

Die deutsch-chinesischen Beziehungen sind auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. Das Außenministerium in Peking verurteilte mit scharfen Worten das Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Dalai Lama im Berliner Kanzleramt als "grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas". Die Sprecherin des Außenministeriums, Jiang Yu, protestierte auf einer Pressekonferenz in Peking dagegen, dass Merkel trotz der chinesischen Proteste auf dem Treffen am Sonntag mit dem religiösen Oberhaupt der Tibeter bestanden habe. Dies habe "ernsthaft die Gefühle des chinesischen Volkes verletzt und die chinesisch-deutschen Beziehungen untergraben".

Merkel sagte azu bei n-tv: "China weiß, dass gute Beziehungen zu Deutschland für beide Seiten wichtig sind." Es sei aber genauso wichtig, auf Probleme in Tibet hinzuweisen. "Darüber muss auch offen mit der chinesischen Seite gesprochen werden", betonte die Kanzlerin am Rande der UN-Vollversammlung in New York.

Die chinesische Außenamtssprecherin Jiang Yu sagte: "China bringt sein tiefes Missfallen zum Ausdruck." Ihre Reaktion ging im Ton deutlich über die Warnungen in der vergangenen Woche hinaus. "Wir fordern die Bundesregierung auf, die Interessen der bilateralen Beziehungen und der beiden Völker in Betracht zu ziehen und konkrete Schritte zu unternehmen, um die negativen Auswirkungen durch diesen falschen Schritt zu beseitigen, damit die deutsch-chinesischen Beziehungen keinen unnötigen Schaden nehmen." Die Sprecherin wiederholte Chinas Position, dass der Dalai Lama seit langem in "Aktivitäten verwickelt ist, das Vaterland zu spalten und die nationale Einheit zu untergraben".

Die Sprecherin äußerte sich nicht direkt zu der Frage, ob die Verstimmung hinter der Absage des Frühstücks zwischen Chinas Außenminister Yang Jiechi und Frank-Walter Steinmeier am Rande der UN-Vollversammlung in New York oder des Rechtsdialoges in München stecke. Doch wies sie darauf hin, dass gleichwohl noch ein Treffen der beiden Außenminister in New York geplant sei, in dem Yang Jiechi die chinesische Position zum Dalai Lama deutlich machen werde.

Steinmeier trifft doch Kollegen aus China

In New York gab es wenig später tatsächlich kleine Anzeichen für eine Entspannung: Außenminister Steinmeier wird sich nun doch mit seinem chinesischen Kollegen Yang Jiechi treffen. Das ursprünglich für Mittwoch angesetzte und dann abgesagte Treffen findet nun am Freitag statt, wie es aus deutschen Regierungskreisen hieß. Dazu sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts: "Wir sind auf die chinesische Seite zugegangen und haben großes Interesse an einem Gespräch signalisiert."

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries reagierte unterdessen mit Bedauern auf die Mitteilung vom Wochenende, wonach sich die chinesische Delegation aus "technischen Gründen" an der Anreise zum diesjährigen Symposium des deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialogs in München gehindert sah. "Wir haben großes Interesse, diese gute Zusammenarbeit fortzusetzen und bemühen uns deshalb, das für München geplante Symposium baldmöglichst nachzuholen", erklärte sie. Durch die regelmäßigen Treffen seien enge persönliche Kontakte entstanden, "die wir auch in der Zukunft ausbauen wollen, um durch den kontinuierlichen Austausch das gegenseitige Verständnis für das Rechtssystem des jeweiligen Staates weiter wachsen zu lassen".

Am Montagabend war Merkel bei einem Essen auf Einladung von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, an dem 25 Gäste teilnahmen, mit Yang zusammengetroffen. In einem kurzen Gespräch ging es aber um den Klimaschutz und nicht um die jüngsten Verstimmungen in den deutsch-chinesischen Beziehungen.

Merkel nahm am Dienstag an der Auftaktsitzung der UN-Vollversammlung teil, Steinmeier wurde am Abend in New York erwartet. Noch am Montag hatte das Auswärtige Amt in Berlin erklärt, China habe das traditionelle Frühstück der Außenminister während der UN-Woche aus "terminlichen Gründen" abgesagt.

Merkel von Opposition gelobt

Merkel hatte sich über die Proteste Pekings hinweg gesetzt und das religiöse Oberhaupt der Tibeter im Berliner Kanzleramt empfangen. SPD-Chef Kurt Beck erklärte, er hätte einen neutralen Ort für ein Treffen vorgezogen. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch, der den Dalai Lama bereits am Samstag empfing und dann zu dem Treffen mit Merkel begleitete, sagte in "Bild am Sonntag": "Es ist gut, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht hat beirren lassen." Der CDU-Politiker betonte, Deutschland könne froh sein, "dass Menschenrechtsfragen für Angela Merkel einen so hohen Stellenwert haben und sie in aller Welt Klartext redet und danach handelt." Auch FDP und Grüne lobten das konsequente Eintreten Merkels für Menschenrechte.

Quelle: ntv.de

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