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Auch Biden wusste von nichts Pentagon-Chef hat Krebsdiagnose verheimlicht

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Austin könnte seinen Posten im Pentagon verlieren - nicht wegen seiner Krankheit, sondern wegen der fehlenden Kommunikation darüber.

Austin könnte seinen Posten im Pentagon verlieren - nicht wegen seiner Krankheit, sondern wegen der fehlenden Kommunikation darüber.

(Foto: IMAGO/NurPhoto)

Seit Tagen rätselt die Öffentlichkeit über den Gesundheitszustand von US-Verteidigungsminister Austin, nach Bekanntwerden seines Krankenhausaufenthalts. Nun stellt sich heraus: Beim Pentagon-Chef wurde schon vor einem Monat eine Krebserkrankung diagnostiziert. Selbst das Weiße Haus wurde darüber im Unklaren gelassen.

Das Weiße Haus hat den Umgang des US-Verteidigungsministers Lloyd Austin mit dessen Erkrankung ungewöhnlich deutlich kritisiert. "Das ist nicht die Art und Weise, wie das geschehen soll", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, mit Blick auf die Informationspolitik des Pentagon-Chefs. Dieser hatte kurz zuvor seine Prostatakrebserkrankung öffentlich gemacht. US-Präsident Joe Biden erfuhr nach Angaben des Weißen Hauses erst rund einen Monat nach der Anfang Dezember gestellten Diagnose davon. Die Rufe politischer Gegner nach dem Rücktritt des Ministers werden lauter. Das Weiße Haus sprach dem Minister sein Vertrauen aus.

Tagelang wurde in den USA über den Gesundheitszustand des Ministers gerätselt, nachdem am Freitag bekannt wurde, dass der 70-Jährige weiter im Krankenhaus ist. Das Pentagon informierte darüber spärlich - und erst mit Verzögerung. Erst am Dienstag ließ Austin mitteilen, dass bei ihm Anfang Dezember Prostatakrebs diagnostiziert wurde.

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Kurz vor Weihnachten unterzog er sich deswegen einem Eingriff. Am Neujahrstag sei es zu Komplikationen gekommen, teilte seine Klinik mit. Austin musste demnach wegen einer Harnwegsinfektion ins Krankenhaus, zwischenzeitlich wurde er auf der Intensivstation behandelt. Nicht nur die Öffentlichkeit bekam davon nichts mit. Auch US-Präsident Biden wusste mehrere Tage lang nicht Bescheid, dass sein Minister im Krankenhaus liegt.

In den USA kam daraufhin die Frage auf, wer bei internationalen Krisen wie dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und der angespannten Lage im Nahen Osten im Pentagon eigentlich die Befehlsgewalt hat, wenn der Verteidigungsminister ausfällt. Das Pentagon ist deshalb heftig in die Kritik geraten. Es ist in den USA üblich, dass die Öffentlichkeit sehr genau über den Gesundheitszustand ihrer Top-Politiker informiert wird.

Republikaner fordern Rücktritt

Das Weiße Haus hatte sich zunächst hinter Austin gestellt und dessen Leistungen als Pentagon-Chef gepriesen. Austin entschuldigte sich am Wochenende für die Informationspolitik. Allerdings machte er auch dabei keine Angaben dazu, warum er sich überhaupt im Krankenhaus befindet.

Nun kam die Wende mit Bekanntwerden der Diagnose: Biden sei erst am Dienstagmorgen darüber informiert worden, dass bei Austin Prostatakrebs diagnostiziert worden sei, ließ das Weiße Haus wissen. Damit hat der Demokrat nur wenige Stunden vor der Öffentlichkeit davon erfahren. Das sei nicht "optimal", teilte das Weiße Haus mit. In der Pressekonferenz merkte man sowohl Kirby als auch Sprecherin Karine Jean-Pierre ihre Unzufriedenheit über die Informationspolitik deutlich an. Als Kabinettsmitglied habe man die Verpflichtung so transparent wie möglich zu sein, sagte Kirby. "Der Präsident (...) ist der Meinung, dass Transparenz gegenüber dem amerikanischen Volk sehr wichtig ist." Deshalb dürfe sich so etwas nicht wiederholen.

Auf die Frage, wie es sein könne, dass Biden und Austin vor wenigen Tagen telefoniert haben und die Diagnose des Ministers dabei nicht zur Sprache gekommen sei, hatte das Weiße Haus keine Antwort.

Schon als bekannt wurde, dass Austin seinen Krankenhausaufenthalt mehrere Tage geheim gehalten hatte, forderten politische Gegner Austins Rücktritt. Aber auch Demokraten äußerten sich kritisch. Nun betonen zahlreiche Republikaner abermals, dass Austin nicht im Amt zu halten sei. Der Republikaner Mike Rogers, Vorsitzender des Militärausschusses im Repräsentantenhaus, leitete eine Untersuchung der Vorgänge ein. "Das Ministerium ist eine robuste Institution, die so konzipiert ist, dass sie auch bei Angriffen unserer Feinde funktioniert, aber sie ist nicht für einen Minister konzipiert, der verheimlicht, dass er handlungsunfähig ist", schrieb er. Vier republikanische Kongressmitglieder, die selbst im Militär gedient hatten, wandten sich mit einem Schreiben an Biden. Es sei "gefährlich, rücksichtslos und mehr als besorgniserregend", dass ein Verteidigungsminister bei einem operativen Eingriff nicht dem Protokoll folge. "Wenn er nicht zurücktritt, sollte er sofort entlassen werden."

Ärzte rechnen mit vollständiger Genesung

So weit will das Weiße Haus nicht gehen. Auf die Frage, ob Biden plane, bis zum Ende seiner Amtszeit Anfang des kommenden Jahres an Austin festzuhalten, sagte Kirby: "Ja." Biden wünsche ihm nun gute Besserung. Er habe Vertrauen in die Fähigkeit Austins, in Zukunft zu führen, weil er gesehen habe, wie gut der Minister in der Vergangenheit geführt habe. Das Pentagon teilte mit, dass Austin aus dem Krankenhaus heraus seinen Ausgaben voll nachkomme.

Wann der Minister aus dem Krankenhaus entlassen wird, ist offen. Austin mache Fortschritte und es sei "eine vollständige Genesung" zu erwarten, teilte die behandelnde Klinik mit. Mittlerweile sei die Infektion abgeklungen. Dies könne aber ein langer Prozess sein. Mit Blick auf die Diagnose Prostatakrebs hieß es, die Erkrankung sei früh erkannt worden und die Prognose für eine Heilung "exzellent". Prostatakrebs ist die zweithäufigste Krebsart bei Männern in den Vereinigten Staaten nach weißem Hautkrebs. Im frühen Stadium sind die Heilungschancen generell gut. Die Prostata (Vorsteherdrüse) ist ein walnussgroßes Organ, das beim Mann den Ansatz der Harnröhre umschließt.

Quelle: ntv.de, ino/dpa

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