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Palästina-Protest aufgelöst Polizei erklärt Besetzung der Humboldt-Uni für beendet

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Propalästinensische Aktivisten besetzten am Mittwoch Räume eines Instituts der Berliner Humboldt-Universität. Zunächst werden sie geduldet. Dann kündigt die Polizei an, das Gelände räumen zu wollen. Ein Teil der Besetzer geht freiwillig, andere werden abgeführt.

Die Polizei hat die Räumung des besetzten Gebäudes der Humboldt-Universität in Berlin abgeschlossen. Insgesamt hatten sich nach ersten Angaben etwa 150 Aktivistinnen und Aktivisten im Gebäude befunden, wie Polizeisprecherin Beate Ostertag sagte. Zum Teil gingen die Aktivisten freiwillig, zum Teil führte die Polizei sie ab. Eine Demonstration am Rande des ehemals besetzten Gebäudes wurde im Nachgang aufgelöst - über Lautsprecher verkündete die Polizei, es gebe für die Demonstrantinnen und Demonstranten keinen Grund zu bleiben.

Propalästinensische Demonstranten versammeln sich im Innenhof des Instituts für Sozialwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität (HU).

Propalästinensische Demonstranten versammeln sich im Innenhof des Instituts für Sozialwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität (HU).

(Foto: picture alliance/dpa)

Zuvor hatte die Humboldt-Universität erklärt, das von propalästinensischen Aktivisten besetzte Institut notfalls durch die Polizei räumen zu lassen. "Wir haben nun die Bestätigung der Humboldt-Universität, das besetze Institut zu räumen", teilte die Polizei auf X mit. "Alle Personen werden hierfür angesprochen, aus dem Gebäude begleitet und einer Identitätsfeststellung unterzogen. Sollten sich Personen weigern, werden unsere Einsatzkräfte die Maßnahmen mit Zwang durchsetzen." Laut Polizei hatten die Einsatzkräfte das besetzte Institut betreten, "um sich einen Überblick zu verschaffen". "Hierzu müssen Räume teilweise mit Zwang geöffnet werden, da Personen diese verbarrikadiert haben."

Die Hochschule habe die Räumung auf Druck des Berliner Senats veranlasst, sagte Uni-Präsidentin Julia von Blumenthal. "Es kam dann die Anweisung von ganz oben, die Besetzung zu beenden. Dieser Anweisung habe ich Folge geleistet", sagte sie. Zuvor hatte von Blumenthal erklärt, die Besetzung der Räume durch propalästinensische Aktivisten bis 18.00 Uhr dulden zu wollen. Nach Angaben einer Reporterin wurden etwa 20 Aktivisten am Abend aus dem besetzten Gebäude geleitet. Die Polizei sprach von zwei Gruppen, die das Gebäude freiwillig verlassen hätten. Die Identitäten sollten festgestellt werden.

Präsidentin: Dialog war guter Schritt

Präsidentin von Blumenthal äußerte angesichts der Räumung ihr Bedauern darüber, dass keine Verständigung erreicht worden sei. "Ich bin nicht sicher, ob es gelungen wäre, aber ich hatte den Eindruck, dass wir einen guten Schritt gemacht haben mit diesem Dialog", sagte sie nach Gesprächen mit den propalästinensischen Aktivisten, die das Gebäude besetzt hatten. Es sei möglich gewesen, mit einer Moderation in gegenseitigem Respekt "über das zu sprechen, wo wir uns vielleicht sogar annähern können und auch über das zu sprechen, was uns trennt." Zudem sei es möglich gewesen, auch das Leid der palästinensischen Studierenden anzuhören. Natürlich habe sie dabei immer genauso das Leid der jüdischen Studierenden vor Augen gehabt.

Am Verhalten von Blumenthals und der Universitätsleitung insgesamt gab es teils heftige Kritik. Universitäten seien "keine rechtsfreien Räume für Antisemiten und Terrorsympathisanten", sagte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner. Die Proteste richten sich gegen das israelische Vorgehen im Gazastreifen, teils aber auch gegen den israelischen Staat insgesamt.

Die Polizei hatte am Nachmittag mitgeteilt, den Demonstrierenden sei ein neues Versammlungsgelände in etwas größerer Entfernung von den Uni-Gebäuden zugewiesen worden. Einige Demonstrierende vor dem besetzten Gebäude seien dorthin abgedrängt worden, teils unter Anwendung von Zwang.

Vorwurf des Antisemitismus

Weiter teilte die Polizei mit, es habe in dem besetzten Institutsgebäude unter anderem Sachbeschädigungen gegeben. Zudem seien von Demonstrierenden antisemitische und volksverhetzende Äußerungen gemacht worden. Dazu seien Ermittlungen eingeleitet worden. Am Mittwoch hatten die Aktivisten Räume der HU besetzt, etwa 100 übernachteten nach Angaben der Aktivisten in der Universität. Wie viele sich am Abend noch in dem Gebäude befanden, ist nach Polizeiangaben noch unklar.

Die Besetzer der Gruppe namens Student Coalition warfen in einer Mitteilung Israel "Völkermord" und "laufende Massenmorde" vor. Es gehe um die "bedingungslose Solidarität mit dem palästinensischen Volk". Zudem forderte die Gruppe die Universität zu einem "vollständigen akademischen und kulturellen Boykott Israels" auf. Die Unileitung solle ihre Besetzung und Präsenz akzeptieren und einen Polizeieinsatz verbieten.

Die Humboldt-Universität ist neben der Freien Universität (FU) und der Technischen Universität (TU) eine der drei großen Hochschulen der deutschen Hauptstadt. Eine Besetzung von Räumen der FU durch die Gruppe Student Coalition Berlin war kürzlich von der Polizei geräumt worden. Nicht nur an Universitäten in Berlin gab es zuletzt propalästinensische Proteste, teils in Form von Camps.

Zentralrat kritisiert Studenten

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat die anti-israelischen Aktionen an Berliner Hochschulen scharf kritisiert. Es handele sich dabei nicht um eine "Studentenbewegung", schrieb er in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel. "Es geht nicht um Mitbestimmung an den Hochschulen, um die Emanzipation gegen einen autoritären Lehrkörper; es ist keine Anti-Kriegs-Bewegung. Es gibt keinen inneren Widerspruch, den die Besetzer aushalten müssen; ihr Israel-Hass ist offensichtlich, sie benutzen eine Sprache und Symbolik, die zum Mord an Juden aufrufen."

Das mediale Bild der meist jungen Menschen sei "verrückt", so Schuster. "Sie sind nicht 'propalästinensisch' und schon lange keine Protestierenden mehr. Sie werden angetrieben von ihrem Hass auf Israel. Jüdische Studierende und Lehrende sind vor ihnen nicht sicher. Sie lehnen die Werte einer offenen und freien Gesellschaft ab, die unsere Verfassung uns garantiert, weswegen wir sie in diesen Tagen so feiern. Sie gilt ihnen als schwach."

Quelle: ntv.de, gut/dpa/AFP

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