Politik

Regierungserklärung in Videoform Proteste stoppen Statement in Hongkong

Unter Protesten versucht Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam eine Regierungserklärung zu halten - und muss diese dann abbrechen.

Unter Protesten versucht Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam eine Regierungserklärung zu halten - und muss diese dann abbrechen.

(Foto: REUTERS)

Noch immer ist die Situation in Hongkong angespannt: Ein prominenter pro-demokratischer Aktivist wird von einem Schlägertrupp mit Hammern angegriffen. Mit ihrer Regierungserklärung will Carrie Lam das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen - wegen heftigen Protesten muss sie diese jedoch unterbrechen.

Die politischen Tumulte in Hongkong reißen nicht ab: Inmitten chaotischer Szenen hat Regierungschefin Carrie Lam eine Regierungserklärung im Stadtparlament abbrechen müssen. Pro-demokratische Abgeordnete störten den Auftritt der Peking-treuen Politikerin mit lauten Zwischenrufen. Am Abend wurde derweil einer der Anführer der Demokratiebewegung nach einem Hammer-Angriff eines Schlägertrupps ins Krankenhaus eingeliefert.

Die jährliche Regierungserklärung war angesichts der seit Monaten andauernden Proteste mit Spannung erwartet worden. Die Rede wurde als Versuch gewertet, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen. Stattdessen wurde die tiefe Spaltung der Gesellschaft deutlich.

Lam versuchte zweimal, ihre Rede zu halten, wurde jedoch immer wieder unterbrochen. Schließlich verließ sie das Gebäude. Später wurde eine Video-Ansprache veröffentlicht, in dem Lam unter anderem Pläne zur Bekämpfung der Wohnungsknappheit und staatliche Subventionen ankündigte. "Ich bin fest davon überzeugt, dass Hongkong in der Lage sein wird, diesen Sturm zu überstehen und weiterzumachen", sagte die Regierungschefin in dem Video.

Ihre politischen Gegner konnte sie damit nicht besänftigen. "In den vergangenen vier Monaten ist auf Hongkongs Straßen so viel passiert, aber Lam hat sich entweder in ihrer Höhle verschanzt oder ist wie eine Wachsfigur aufgetreten", sagte die pro-demokratische Abgeordnete Tanya Chan.

Angriff auf pro-demokratischen Anführer

Am Abend wurde Jimmy Sham, Chef der Protestgruppe Civil Human Rights Front (CHRF), von vier bis fünf nicht identifizierten Schlägern im Viertel Mongkok mit Hammern angegriffen, wie CHRF mitteilte. Auf im Internet veröffentlichten Fotos ist Sham in einer Blutlache auf der Straße liegend zu sehen. Beim Eintreffen der Rettungskräfte war Sham CHRF zufolge bei Bewusstsein. Er wurde mit einer blutenden Kopfwunde ins Krankenhaus eingeliefert.

CHRF setzt sich für gewaltfreie Proteste ein und organisierte im Sommer einige der größten Demonstrationen in der chinesischen Sonderverwaltungszone. Für Sonntag beantragte die Gruppe bei der Polizei erneut eine Kundgebung. Die jüngsten Anträge waren immer abgelehnt worden. In der Folge versammelten sich radikalere Demonstranten zu illegalen Protesten, die schnell in Auseinandersetzungen mit der Polizei mündeten.

Die chinesische Sonderverwaltungszone wird seit Monaten von beispiellosen Demonstrationen erschüttert. Die Proteste in der Finanzmetropole hatten sich anfänglich gegen ein geplantes Gesetz gerichtet, das Überstellungen von Verdächtigen an Festland-China ermöglichte. Mittlerweile richten sich die Proteste aber generell gegen die pro-chinesische Führung in Hongkong und die Einschränkung der Demokratie.

China und USA im Konflikt wegen neuem Gesetz

Ein vom US-Repräsentantenhaus beschlossenes Gesetz zum Schutz von Demokratie und Menschenrechten in Hongkong sorgte derweil für Spannungen zwischen China und den USA. Das Gesetz knüpft den Fortbestand eines US-Sonderhandelsstatus' für Hongkong an die Einhaltung von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit. Der US-Präsident wird zudem verpflichtet, Sanktionen gegen jene zu verhängen, die die Autonomie der chinesischen Sonderverwaltungszone untergraben und schwere Menschenrechtsverletzungen begehen.

Die chinesische Regierung äußerte sich "empört" über den Beschluss des Repräsentantenhauses. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking sprach von einer Einmischung in innere Angelegenheiten und drohte "starke" Gegenmaßnahmen an.

Auch der Vorstoß einer norwegischen Abgeordneten könnte für Spannungen sorgen. Die liberale Abgeordnete Guri Melby schlug die Bevölkerung Hongkongs für den Friedensnobelpreis 2020 vor. Die Hongkonger riskierten "jeden Tag ihr Leben und ihre Sicherheit, um für Meinungsfreiheit und Demokratie einzutreten", begründete Melby im Kurzbotschaftendienst Twitter ihren Schritt.

Auch wenn das Nobelkomitee unabhängig von der norwegischen Regierung ist, könnte der Vorschlag Auswirkungen auf das Verhältnis Norwegens zu China haben. Die Volksrepublik hatte 2010 als Reaktion auf die Auszeichnung des chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo mit dem Friedensnobelpreis die diplomatischen Beziehungen zu Norwegen auf Eis gelegt.

Quelle: ntv.de, agr/AFP

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