Prozess gegen Ex-Berater beginnt Trump hofft auf Bannon


Bannon beim Prozessbeginn am Montag - sein Auftreten wurde von Protesten begleitet.
(Foto: REUTERS)
Trumps früherer Chefstratege Bannon steht ab diesem Montag vor Gericht, weil er sich weigerte, vor dem Untersuchungsausschuss zum Kapitolsturm am 6. Januar 2021 auszusagen. Doch Trump persönlich forderte ihn auf, nun doch zu kooperieren. Warum?
Wie immer, wenn Stephen Bannon Schlagzeilen macht, geht es eigentlich um Donald Trump. Der frühere "Chefstratege" des Ex-Präsidenten steht seit diesem Montag vor Gericht. Ihm blühen bis zu zwei Jahre Gefängnis und eine sechsstellige Geldstrafe. Der Grund: Bannon ignorierte im vergangenen September eine Vorladung des Untersuchungsausschusses zum Kapitolsturm am 6. Januar 2021. Mittlerweile hat er sich zwar doch noch bereit erklärt auszusagen. Dieses Einlenken kam jedoch zu spät. Dem Prozess konnte er damit nicht mehr entgehen.
Sowohl Bannons Aussageverweigerung als auch sein Sinneswandel hatten mit seinem ehemaligen Chef zu tun. Bannon argumentierte, Trump habe ihm mittels "Exekutivprivileg" verboten, mit dem Ausschuss zu kooperieren. Dabei handelt es sich um das Recht des Präsidenten, Mitarbeitern solche Aussagen zu verbieten. Das passte zur Strategie der Republikaner, den Ausschuss zu boykottieren und die Anhörungen als politisch motivierten Schauprozess der Demokraten und Trump-kritischer Republikaner darzustellen. Bannons Berufung auf das "Exekutivprivileg" war gewagt, denn offiziell arbeitete er gar nicht mehr für Trump. 2017 war er in Ungnade gefallen und aus dem Weißen Haus ausgeschieden.
In den Folgejahren robbte sich Bannon aber in die Gunst des Präsidenten zurück. Rund um den Aufruhr am 6. Januar war er dann wieder ganz nah an Trump dran. Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses gehen davon aus, dass er schon vorher wusste, dass etwas passieren könnte. So hatte er am Tag vor dem 6. Januar in seinem Podcast gesagt, in Washington werde "die Hölle los" sein.
Außerdem weilte Bannon am 5. Januar im Willard-Hotel in Washington, wo Trump-Verbündete versuchten, republikanische Abgeordnete davon zu überzeugen, das Wahlergebnis zu bekämpfen. Das Magazin "Mother Jones" veröffentlichte zuletzt eine Audiodatei, auf der Bannon einige Tage vor der Präsidentenwahl 2020 zu hören sein soll. "Was Trump tun wird, ist, den Sieg zu erklären. Richtig? Er wird den Sieg verkünden. Aber das bedeutet nicht, dass er ein Gewinner ist", soll Bannon der Aufnahme zufolge sagen.
Untersuchungsausschuss ein "Känguruh-Gericht"
Dass Bannon nun doch vor dem Untersuchungsausschuss aussagen will, geht ebenfalls auf Trump zurück. In einem Brief gab der Ex-Präsident seinem Berater ausdrücklich die Erlaubnis dazu: "Als Sie die Vorladung erhielten, auszusagen und Dokumente zu übergeben, habe ich das Exekutivprivileg ausgerufen. Nun habe ich aber gesehen, wie ungerecht Sie und andere behandelt wurden." Daher werde er ihm nun gestatten, doch auszusagen, schrieb Trump und garnierte seine Ausführungen noch mit Beleidigungen. Den Untersuchungsausschuss bezeichnete er als "Känguruh-Gericht", eine Umschreibung für einen angeblichen Schauprozess.
Aber warum legte Trump Bannon erst an die Leine, um ihn dann doch loszulassen? Die "New York Times" berichtet unter Berufung auf Trumps Umfeld, dieser sei frustriert darüber, dass in den Anhörungen zum 6. Januar immer nur Kritik an ihm geübt würde. In den live übertragenen Sitzungen zeichnet sich mehr und mehr ab, dass Trump tatsächlich einen Umsturz plante. Enthüllungen wie die Cassidy Hutchinsons, einer Mitarbeiterin im Weißen Haus, stellen Trump zudem auch persönlich unvorteilhaft dar. Sie sagte aus, er habe einmal seinen Teller mitsamt des Essens an die Wand geschleudert. Er sei mit einem Fernsehinterview des Justizministers unzufrieden gewesen. Ketchup sei die Wand heruntergeflossen, Scherben hätten auf dem Boden gelegen.
Gut möglich, dass solche Darstellungen Trumps Eitelkeit kränken und er auch andere Stimmen hören möchte. Ihm dürfte aber auch Sorge bereiten, dass die Anhörungen seinem Standing in der Partei schaden könnten. Noch ist er die dominante Figur, doch es zeigen sich Risse in der Fassade. Bei den Vorwahlen zu den Kongresswahlen im November oder auch Rennen um Gouverneursposten erlitten von Trump unterstützte Kandidaten teils empfindliche Niederlagen. So schaffte es in Georgia der republikanische Gouverneur Brian Kemp, wiedergewählt zu werden, obwohl Trump ihn bekämpfte und einen Gegenkandidaten aufgestellt hatte.
Zweifel an Trump kommen auf
Eine Umfrage der "New York Times" zeigte zuletzt, dass nur knapp die Hälfte der Republikaner (49 Prozent) für eine erneute Präsidentschaftskandidatur Trumps stimmen würde. Dabei könnten die Anhörungen zum 6. Januar eine Rolle spielen. Fakt ist zwar auch, dass 85 Prozent der Republikaner in einer anderen Umfrage der "Times" angaben, Trump zu wählen, sollte er noch einmal Kandidat seiner Partei werden. Dennoch sehen manche Beobachter seinen Einfluss auf die Partei schwinden. Ob das wirklich so ist, weiß niemand ganz genau. Aber allein, dass es Zweifel an Trump gibt, schadet ihm.
Bannon möchte nun selbst ebenfalls live vor TV-Kameras aussagen. Das lehnt der Untersuchungsausschuss aber ab. Offiziell heißt es, dass man die geplante stundenlange, detaillierte Befragung nicht im live im Fernsehen machen könne. Das mag stimmen. Dass man dem rhetorisch versierten Bannon keine große Bühne bieten möchte, wäre aber ebenfalls plausibel.
Die Frage ist nun, wie viel der Trump-Berater von seinem Wissen teilen wird. Er könnte sich weigern, über bestimmte Dinge zu sprechen, etwa weil er sich dann selbst belasten würde. Möglich, dass sich die Hoffnungen des Ausschusses nicht erfüllen. Bannon sagte am Montagabend: "Es ist Zeit, dass sie (der Untersuchungsausschuss, Red.) andere Zeugen anhören, die andere Aussagen machen, als das, was sie bislang vorgeführt haben." Wenn es so weit ist, wird Trump gespannt zuschauen.
(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 19. Juli 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de