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Dschihadist oder doch krank? Prozess gegen ICE-Messerstecher gestartet

In diesem ICE gab es im vergangenen November eine Messerattacke.

In diesem ICE gab es im vergangenen November eine Messerattacke.

(Foto: picture alliance/dpa/vifogra)

Am 6. November 2021 griff ein 27-Jähriger in einem ICE zwischen Regensburg und Nürnberg vier Männer mit einem Messer an. Mehrere von ihnen wurden schwer verletzt. Nun beginnt der Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Dem Angeklagten wird unter anderem versuchter Mord vorgeworfen.

Knapp ein Jahr nach der blutigen Messerattacke auf Reisende in einem ICE in Bayern hat vor dem Oberlandesgericht München der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Beschuldigten Abdalrahman A., einem in Syrien aufgewachsenen "palästinensischen Volkszugehörigen", versuchten heimtückischen Mord, Körperverletzung und Sachbeschädigung vor.

Am 6. November 2021 soll der damals 27-Jährige in dem Fernzug von Passau nach Hamburg zwischen Regensburg und Nürnberg plötzlich vier Männer angegriffen und mehrere von ihnen schwer verletzt haben. Einem sitzenden Fahrgast soll er sich etwa von hinten genähert und ihm das Messer achtmal in den Kopf-, Hals- und Brustbereich gestoßen haben. Dabei habe er ausgenutzt, dass der Mann seine Augen geschlossen hatte. Danach habe er einem anderen Fahrgast mit großer Wucht zwei Stiche in den Kopf versetzt. Einem dritten Mann, der zur Hilfe kommen wollte, habe A. Schnittverletzungen zugefügt. Anschließend habe er im Nachbarwaggon einem vierten Fahrgast achtmal kraftvoll gegen den Schädel und mindestens zweimal in Brust- und Bauchbereich gestochen. Das erste, zweite und vierte Opfer hätten potenziell lebensgefährliche Verletzungen erlitten.

Im Dezember soll der Angeklagte in einer Klinik, in der er zu diesem Zeitpunkt untergebracht war, einen Pfleger mit der Hand ins Gesicht geschlagen haben. Anfang Januar soll er zudem ebenfalls in der Klinik in seiner Isolierzelle ein Fenster so lange gegen die Wand geschlagen haben, bis das Glas zersplitterte und sich Metallstangen aus dem Fenster lösten. Mit einer dieser Stangen soll er auf die Tür der Zelle eingeschlagen haben.

Gutachten widersprächen sich

Bundesanwältin Silke Ritzert sagte bei der Verlesung der Anklageschrift, der Beschuldigte habe eine "radikal-islamistische Überzeugung". Mit der wahllosen Tötung von Nicht-Muslimen habe er einen Beitrag zum weltweiten Dschihad leisten wollen - dies habe er mit der Messerattacke in dem ICE in die Tat umsetzen wollen.

Aus Sicht der Verteidigung ist dagegen eine zentrale Frage, ob es sich bei dem Mann wirklich um einen Dschihadisten handle - und wie dessen psychischer Zustand zum Zeitpunkt der Tat einzuschätzen sei. Dazu gebe es mehrere Gutachten, die sich jedoch inhaltlich teils massiv widersprächen, hatte einer der Verteidiger bereits vor Prozessbeginn erklärt. Zum Prozessauftakt erschienen deshalb auch vier psychiatrische Sachverständige.

Der Angeklagte selbst äußerte sich zunächst nicht zu den Tatvorwürfen. Die Verlesung der Anklageschrift hatte sich zunächst verzögert, weil der Angeklagte, der aktuell mit Psychopharmaka behandelt wird, über Müdigkeit klagte und deshalb untersucht werden musste. Die Sachverständigen erklärten ihn aber für verhandlungsfähig. Der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts hat zunächst 24 Verhandlungstage bis zum 23. Dezember 2022 angesetzt.

Quelle: ntv.de, lar/dpa

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