Regierungserklärung im Bundestag Scholz: "Putin irrt sich - wir sind nicht schwach"
21.10.2022, 11:25 Uhr (aktualisiert)
In seiner Regierungserklärung im Bundestag nennt Kanzler Scholz mehrere Bewährungsproben, die Deutschland und Europa meistern müssen. Er zeigt sich sicher, dass Putins Kriegskurs scheitern wird.
Bundeskanzler Olaf Scholz hält Deutschland trotz des Stopps russischer Gaslieferungen ausreichend gerüstet für die kommenden Monate. "Gemeinsam kommen wir wohl durch diesen Winter", sagte Scholz im Bundestag. Der Füllstand der Gasspeicher von 95 Prozent, den Deutschland zum 1. November erreichen wollte, sei bereits überschritten. Trotz der Entscheidung, Kohlekraftwerke wieder ans Netz zu nehmen, stehe die Regierung dabei "weiter fest zu unseren erklärten Klimazielen".
"Außerordentlich dankbar" zeigte sich Scholz für die Sparanstrengungen vieler Bürgerinnen und Bürger bei Energie. Alles werde zudem dafür getan, "um gemeinsam mit den Betreibern unsere kritische Infrastruktur zu schützen". Scholz: "Noch in diesem Jahr wollen wir Eckpunkte beschließen für ein Dachgesetz zum besseren Schutz kritischer Infrastruktur."
Scholz warf Russland Kriegsverbrechen und Terrorismus in der Ukraine vor. "Bewusste Angriffe auf die Zivilbevölkerung sind Kriegsverbrechen", sagte Scholz. "Am Ende ist Russlands Bomben- und Raketenterror eine Verzweiflungstat - genauso wie die Mobilisierung russischer Männer für den Krieg", sagte Scholz.
"Putin spekuliert auf unsere Schwäche - aber er irrt sich"
Der russische Präsident Wladimir Putin "überzieht die Ukraine mit Terror", sagte Scholz. Der Kanzler beklagte "die brutalen russischen Raketen- und Drohnenangriffe auf zivile Ziele", denen wahllos Frauen, Männer und Kinder zum Opfer fielen. Putin drohe "der Welt unverhohlen und vollkommen verantwortungslos mit dem Einsatz von Nuklearwaffen. Er will Angst säen, spalten und einschüchtern."
Putin spekuliere "auf unsere Schwäche - aber er irrt sich", sagte der Kanzler. "Wir sind nicht schwach. Unser Land steht zusammen. Europa steht zusammen und zeigt Solidarität - untereinander und mit der Ukraine." Scholz bekräftigte die Unterstützung für das angegriffene Land: "Die Ukraine wird sich erfolgreich verteidigen, und wir werden sie unterstützen - so lange, wie das erforderlich ist."
Mit der von Putin angeordneten Mobilisierung sei "der Krieg endgültig im Herzen der russischen Gesellschaft angekommen, in den Familien und auf der Straße", fuhr der Kanzler fort. "Hunderttausende Russen entziehen sich der Rekrutierung, viele verlassen das Land. All die Lügen und die Propaganda, das Gerede von 'Spezialoperationen' und schnellen Siegen - alles nur Fassade, wie ein Potemkin'sches Dorf."
Die russische "Taktik der verbrannten Erde wird Russland nicht helfen, den Krieg zu gewinnen", sagte Scholz. "Sie stärkt nur die Entschlossenheit und den Durchhaltewillen der Ukraine und ihrer Partner."
Merz übt scharfe Kritik
Unionsfraktionschef Friedrich Merz kritisierte die Bilanz der Bundesregierung bei der Entlastung von Bürgern und Unternehmen scharf. "Deutschland dürfte in Brüssel bewertet werden als das Land in Europa, dessen Regierung in den letzten Monaten am heftigsten gestritten und am wenigsten erreicht hat bei der Entlastung der Haushalte und der Unternehmen", sagte Merz.
Der Oppositionsführer kritisierte die vorangegangene Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz: Der Kanzler habe darin weiterhin offen gelassen, wann Haushalte und Unternehmen mit Entlastungen angesichts der steigenden Energiepreise rechnen dürften, sagte Merz.
Die staatliche Unterstützung müsse "möglichst bald" kommen, da Unternehmen und Haushalte unter der Belastung litten, forderte Merz. "Winterreifen muss man im Oktober aufziehen und nicht erst im Frühjahr nächsten Jahres." Der Regierungserklärung des Kanzlers habe er aber "kaum etwas Konkretes entnehmen" können, wann den Menschen "endlich geholfen wird".
(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 20. Oktober 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, vpe/dpa/AFP