Politik

Trump forciert Parteispaltung Republikaner alarmiert über Rückzugswelle

Trump am 9. März bei einer Stippvisite in New York.

Trump am 9. März bei einer Stippvisite in New York.

(Foto: REUTERS)

Im US-Senat steht ein Generationenwechsel bevor, die Republikaner erleben eine Rückzugswelle ihrer Senatoren. Ex-Präsident Trump wirbt der Partei für den kommenden Wahlkampf offensiv die Geldgeber ab. Das könnte den Republikanern mehr als nur finanziell schaden.

Während die Senatoren um die finalen Details des 1,9-Billionen-Dollar-Hilfspakets feilschten, des ersten großen Projekts der Demokraten und des neuen Präsidenten Joe Biden, stellte dessen Vorgänger eine Weiche für die Kongresswahl im nächsten Jahr. Donald Trump rief seine Anhänger dazu auf, für seine "Save America"-Wahlkampforganisation zu spenden, statt an das Republican National Commitee, die Parteiführung der Republikaner, oder an andere ihrer Wahlkampforganisationen.

Zuvor hatte Trump der Partei über seine Anwälte gedroht, sie dürfte seinen Namen nicht mehr verwenden, etwa für Spendenaufrufe oder Werbeartikel. Damit forciert der Ex-Präsident die Spaltung der Partei in Loyalisten und Gegner und versucht, seinen Einfluss zu verstärken. Die Gemäßigten befürchten bereits, dass sie deshalb bei den Zwischenwahlen nicht die Mehrheit im wichtigen Senat zurückerobern können. Die Republikaner könnten sich auf ihrem Weg zurück an die Macht selbst im Weg stehen.

Die Machtfolge funktioniert im Zweiparteiensystem der USA häufig so: Wenn Wechselstimmung herrscht, gewinnt eine Partei zeitgleich zu Präsidentschaftswahlen auch die Mehrheit im Kongress. Damit können sie praktisch fast zwei Jahre lang die politischen Themen diktieren. Danach gibt es Zwischenwahlen: Ein Drittel des Senats und das gesamte Repräsentantenhaus werden neu gewählt. Meist schrumpft die Mehrheit der Regierungspartei dann oder wird zur Minderheit. Doch 2022 könnte das anders aussehen. Ein historischer Generationswechsel könnte den Demokraten in die Karten spielen.

Im kommenden Jahr stehen im Senat insgesamt 14 demokratische und 20 republikanische Sitze zur Wahl. Wie sich der Flügelkampf der Trump-Getreuen gegen die alte Garde in der Oppositionspartei, die sogenannten Institutionalisten, auf die Wahl auswirkt, ist völlig offen. Man könnte auch fragen: Wie wählbar sind die neuen republikanischen Senatskandidaten?

Seit Januar ist das Mehrheitsverhältnis im Senat ein Patt: 50 zu 50 Sitze. Keine der beiden Parteien kann es sich leisten, einen Senatorenposten zu verlieren. Besonders für die regierenden Demokraten ist es eine permanente Gratwanderung, sie können sich bei der Wahl keinen Fehltritt leisten. Derzeit kann Vizepräsidentin Kamala Harris ihnen noch in ihrer Rolle als Senatspräsidentin unter die Arme greifen und mit ihrer Stimme Abstimmungen für die Demokraten entscheiden.

Umso wichtiger wird der Erhalt der Mehrheit, weil es als sicher gilt, dass die Republikaner das Repräsentantenhaus zurückerobern werden. Senatoren haben viel mehr gesetzgeberisches Gewicht als Abgeordnete, da der Senat fast immer zum Flaschenhals für prestigeträchtige Gesetzesprojekte der Regierungspartei gerät: Einen "legislativer Friedhof" nannte ihn die Demokratin Nancy Pelosi, Fraktionschefin im Repräsentantenhaus. Gesetzesprojekte gingen in die andere Kongresskammer, um dort zu sterben.

Sieben Senatoren könnten aufhören

Mindestens fünf republikanische Senatoren werden wohl nicht wieder antreten: Richard Shelby aus Alabama, Richard Burr aus North Carolina, Pat Toomey aus Pennsylvania, Rob Portman aus Ohio und nun auch Roy Blunt aus Missouri. Sie sitzen in wichtigen Ausschüssen und haben in der Vergangenheit auch Kompromisse mit den Demokraten ausgehandelt. Zwei weitere Senatoren gelten als mögliche Rückzugskandidaten.

"In den vergangenen zehn Jahren ist das Land tief gefallen, weil zu viele Politiker gesagt haben: 'Falls ihr für mich stimmt, werde ich keine Kompromisse machen'", zeigte sich Noch-Senator Blunt besorgt über die neue Generation von Politikern. Dessen Ankündigung, nicht wieder anzutreten, ist eine weitere schlechte Nachricht für die verbleibende informelle "Dealmaker"-Fraktion der Republikaner.

Zwei mögliche Szenarien sehen sie auf sich zukommen. Erstens könnten radikale Neulinge und Trump-Getreue antreten, die zwar ihre eigene Basis begeistern und die Vorwahlen gewinnen, dann aber sicher geglaubte Sitze an die Demokraten verlieren. Damit würden sie die mehr oder minder fest eingeplante Rückeroberung der Senatsmehrheit gefährden. Die zweite Möglichkeit: Diese Neulinge gewinnen zwar ihre Wahl, tragen als Senatoren aber zu einer weiteren Verhärtung der Fronten bei. Kompromisse würden so noch unwahrscheinlicher. Die braucht es aber, da für reguläre Gesetzesprojekte eine 60-Prozent-Mehrheit in der Kongresskammer nötig ist.

Steven Law, einer der engsten außerparlamentarischen Verbündeten des republikanischen Fraktionsvorsitzenden im Senat, Mitch McConnell, sieht die Republikaner auf dem Weg zu ähnlichen Fehlern wie unter Ex-Präsident Barack Obama. "Wir haben die Möglichkeit, die Mehrheit zurückzugewinnen", sagte Law der Nachrichtenagentur AP: "Aber 2010 wurde diese Chance im Senat vertan, weil unwählbare Kandidaten nominiert wurden."

Die Demokraten verloren damals zwar sechs Sitze, behielten aber eine knappe Mehrheit. Damit konnten sie das republikanisch dominierte Repräsentantenhaus auf Distanz halten. Im Bundesstaat Delaware verlor die Kandidatin des ultrakonservativen Tea-Party-Flügels nach Berichten über Geldprobleme, mögliche Veruntreuung von Wahlkampfgeldern und Anschuldigungen, sie habe sich "an Hexerei versucht". Zwei Jahre später fiel auch der Wahlkampf von Richard Mourdock in sich zusammen. Der hatte in einer Debatte gesagt, aus Vergewaltigungen resultierende Schwangerschaften seien "von Gott beabsichtigt". In Missouri verlor Todd Akin, nachdem er gesagt hatte, bei einer echten Vergewaltigung hätten weibliche Körper Wege, eine Schwangerschaft zu verhindern.

Trump unterstützt eigene Kandidaten

Mittlerweile, nach den Wahlkämpfen mit Trump, dem QAnon-Kongresssturm und Abgeordneten wie Marjorie Taylor Greene, klingen zumindest Vorkommnisse wie in Delaware nicht mehr nach einem politischen Todesurteil. Trump hat schon angekündigt, bei den Wahlen aktiv mitzumischen und in einem Rachewahlkampf eigene Kandidaten zu unterstützen.

In Missouri etwa könnte Eric Greitens seinen Hut in den Senatorenring werfen. Der Ex-Gouverneur war 2018 wegen unter anderem wegen eines Sexskandals zurückgetreten: Es galt als nahezu sicher, dass er eine Frau zu sexuellen Handlungen genötigt hatte. Die republikanische Basis unterstützt ihn trotzdem. Greitens hat sich bereits öffentlich auf Trumps Seite gestellt. Zwei andere Republikaner, die mit dem Ex-Präsidenten auf einer Linie liegen, prüfen bereits offen ihre Senatskandidatur. Auch seine Schwiegertochter Lara Trump erwägt anzutreten.

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Die Ergebnisse der Vorwahlen im kommenden Jahr werden zeigen, wie beständig Trumps Basis ist. Aber auch die aktuelle Regierung ist ein wichtiger Faktor. Wenn Biden es schaffe, beliebt zu bleiben "und die Menschen glauben können, dass er das Land nach vorne bringt, dann ist es wahrscheinlicher, dass die Demokraten ein paar dieser offenen Senatssitze erobern können", sagt der demokratische PR-Berater Michael Gordon.

Mehrheiten im US-Kongress folgen nicht einfach nur regelmäßigen Zyklen, sie hängen auch davon ab, wie populär ein Präsident ist. Eine Möglichkeit, Bidens Beliebtheit zu vergrößern, ließen die Demokraten bereits liegen: Sie verzichteten in dem riesigen Rettungspaket auf eine Anhebung des verpflichtenden Mindestlohns auf 15 Dollar. Es war eine Zusage aus Bidens Wahlkampf. Für Millionen Amerikaner wäre dies eine dauerhafte Hilfe gewesen. Für die Partei der Demokraten ebenfalls - bei der Zwischenwahl 2022.

Quelle: ntv.de

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