Politik

Guantanamo-Häftlinge Schäuble will keine

US-Präsident Barack Obama hat den ersten Schritt zur Schließung des Gefangenenlagers Guantnamo getan und damit die Debatte über eine Aufnahme ehemaliger Häftlinge wieder angefacht. CDU-Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble lehnte eine Aufnahme ab und wies mit Unterstützung mehrerer Parteifreunde die Verantwortung für das Problem gänzlich den USA zu. Dagegen sprach sich der Koordinator der Regierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, der SPD-Politiker Karsten Voigt, für ein entsprechendes Angebot an den neuen US-Präsidenten aus. Ähnlich äußerte sich die Opposition.

Die Bundesregierung will sich die Entscheidung offenhalten und abwarten, ob die USA überhaupt um eine Aufnahme von Ex-Gefangenen bitten. Deutschland wolle sich wie andere Staaten die Vorstellungen Obamas anhören, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. "Ob sich dann ein Handlungsbedarf auf europäischer oder nationaler Ebene ergibt, werden wir davon abhängig machen, wie diese Überlegungen aus den Vereinigten Staaten aussehen."

Mehrere Länder erklären Bereitschaft

Nach Portugal und Frankreich erklärten auch die Schweiz und Irland ihre Bereitschaft, Häftlinge aufzunehmen. US-Regierungskreisen zufolge will Obama möglicherweise noch im Januar in einem Dekret die Schließung des Lagers binnen eines Jahres anordnen. Die Ex-Gefangenen "sollen in ihre Heimatländer gebracht, freigelassen, in ein drittes Land überstellt oder in ein anderes US-Gefängnis gebracht werden", hieß es in dem Entwurf des Dekrets.

Auf Anordnung des neuen Präsidenten setzte ein Militärgericht die Verfahren gegen fünf Guantanamo-Häftlinge aus, die an den September-Anschlägen 2001 beteiligt waren. Obama hatte als eine seiner ersten Amtshandlungen die Militärankläger angewiesen, in allen 21 laufenden Verfahren eine 120-tägige Aussetzung zu beantragen. In dieser Zeit soll das weitere Vorgehen geprüft werden. Die Prozesse gegen die Gefangenen könnten dann vor regulären Gerichten in den USA fortgeführt werden.

Sch äuble weist Steinmeier zurecht

Außenminister Frank-Walter Steinmeier verteidigte sein Angebot zur Aufnahme von Ex-Häftlingen mit dem Verweis auf die internationale Kritik an dem Lager. Er wolle nicht, dass eine Schließung daran scheitere, dass sich kein Aufnahmeort für Häftlinge finde, die weder in den USA blieben noch in ihre Heimat zurückkehrten, sagte sein Sprecher.

Schäuble sagte dagegen der "Frankfurter Rundschau", er kenne keinen Grund, warum jemand, der zu gefährlich für Amerika sei, von einem EU-Land aufgenommen werden sollte. Gegen Steinmeier fügte er hinzu: "Der Außenminister ist der Außenminister. Zuständig sind die Innenminister von Bund und Ländern."

Der Vize-Fraktionschef der Grünen Jürgen Trittin nannte es "absolut unakzeptabel", wie Schäuble "mit dem menschlichen Schicksal dieser Leute umgeht". Trittin sagte bei n-tv, er halte es für selbstverständlich, dass Deutschland im gegebenen Fall Häftlinge aufnimmt. Es gebe Menschen, "die offensichtlich unschuldig in Guantanamo festgehalten werden", so der Außenpolitiker. "Diese Menschen können nicht in ihre Länder zurück, zum Beispiel die Uiguren aus China. Und ich finde es anständig, wenn die Welt sagt: 'Wir helfen den USA bei der Beseitigung dieser Erblasten von Bush, dieses Verstoßes gegen eben diese Prinzipien'."

SPD gegen Grundsatzdebatte

Auch SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann verteidigte den Vorstoß Steinmeiers. Dessen offener Brief an Obama gebe auch die Haltung der SPD-Fraktion wieder, sagte Oppermann in Berlin. "Wir müssen bereit sein, Obama bei der Schließung von Guantnamo zu unterstützen." Dagegen sei es verfehlt, jetzt eine Grundsatzdebatte darüber zu beginnen, "wie das Schäuble tut".

Unterstützung erhielt Schäuble aus Bayern und Niedersachsen. CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg dagegen sieht die Verantwortung voll und ganz bei den USA. "Sie liegt dort und sie sollte auch so gesehen werden", sagte Guttenberg bei n-tv. Er halte "überhaupt nichts von vorauseilender Anbiederung", sondern erwarte, dass der erste Schritt von den USA gemacht wird. "Und sollten sich dann, aus welchen Gründen auch immer, gewisse Dinge nicht regeln lassen, dann ist eine europäische Mitverantwortung vielleicht zu konstruieren." Niedersachsen werde keine ehemaligen Guantanamo-Häftlinge aufnehmen, sagte CDUInnenminister Uwe Schünemann der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".

Dagegen mahnte Voigt im Deutschlandfunk, die Bundesrepublik sei selbst an einer Lösung für die international kritisierten Umstände interessiert. Die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger forderte die Bundesregierung auf, sich einer Einzelfallprüfung zu öffnen.

Quelle: ntv.de

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