Nach dem Eklat im Bundesrat Schönbohm attackiert Wowereit
23.03.2002, 08:17 UhrBrandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat das Verhalten von Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) bei der Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz scharf kritisiert. Wowereits Verhalten sei "politisch geschmacklos und rechtlich nicht zu begründen", sagte Schönbohm dem "Tagesspiegel am Sonntag".
Unterdessen erhöhte die Union den Druck auf Bundespräsident Johannes Rau. Abermals forderten ihn führende Politiker von CDU und CSU auf, das Zuwanderungsgesetz nicht zu unterzeichnen. Anderenfalls werde man vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen, bekräftigte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU).
Sein Innenminister Günter Beckstein (CSU) sagte dem Deutschlandfunk, er gehe fest davon aus, dass Rau nicht unterzeichnen werde. CDU-Chefin Angela Merkel sagte auf dem CDU-Landesparteitag in Rostock, die Bundesregierung habe Berlins Regierenden Bürgermeister und amtierenden Bundesratspräsidenten, Klaus Wowereit (SPD), gezwungen, ein Gesetz verfassungswidrig für gültig zu erklären. "So lassen wir die Welt nicht auf den Kopf stellen. Dagegen werden wir uns wehren", sagte Merkel.
Historisch einmaliger Eklat
Die Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz hatte im Bundesrat am Freitagnachmittag zu einem historisch einmaligen Eklat geführt. Wowereit wertete ein gespaltenes Votum Brandenburgs als Zustimmung des Bundeslandes.
Während der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) mit Nein gestimmt hatte, votierte Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) für das Gesetz. Ein Bundesland kann in der Länderkammer jedoch nur einheitlich abstimmen. Wowereit richtete sich nach dem "Ja" von Stolpe. Damit passierte das Zuwanderungsgesetz den Bundesrat mit einer Stimme Mehrheit.
Die Ministerpräsidenten der Unions-geführten Länder warfen Wowereit Verfassungsbruch vor und sprachen von einer schweren Verfassungskrise.
Streit um gesplittetes Votum
Das Verfahren zur Stimmabgabe der einzelnen Bundesländer ist in Artikel 51 des Grundgesetzes geregelt. In diesem Artikel heißt es unter Absatz drei: "Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich (...) abgegeben werden."
Aus diesem Artikel folgern die Unions-Ministerpräsidenten, dass Brandenburgs gespaltenes Votum nicht hätte gewertet werden dürfen. Nach der Rechtsauffassung der SPD-geführten Länder liegt die Entscheidung über das Abstimmungsverhalten im Zweifel beim Ministerpräsidenten. Auch unter Verfassungsexperten ist diese Frage umstritten.
Quelle: ntv.de