Politik

Nach BVerfG-Urteil Scholz baut Jobcenter um

Arbeitsminister Olaf Scholz will sich bei der Neuordnung der Hartz-IV-Jobcenter nicht von der Zustimmung der Union und der Länder abhängig machen. Der SPD-Politiker legte Eckpunkte zu der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Neuregelung vor und kündigte an: "Wir wollen ohne Gesetzesänderung auskommen."

Damit umginge Scholz bei der Betreuung der etwa sieben Millionen Menschen im Hartz-IV-System die schwierige Kompromisssuche mit dem Koalitionspartner in Bundestag und Bundesrat.

Nach den Vorstellungen von Scholz sollen Arbeitsagenturen und Kommunen künftig bei klarer Aufgabentrennung freiwillig in "kooperativen Jobcentern" zusammenarbeiten. Bezieher von Arbeitslosengeld II bekämen dort "verzahnte Dienstleistungen unter einem Dach", heißt es in dem mit der Bundesagentur für Arbeit abgestimmten Papier.

Die Kommunen und die BA würden dazu Kooperationsverträge schließen. Den etwa 18.000 kommunalen Angestellten und Beamten, die derzeit in Jobcentern BA-Aufgaben erfüllen, bietet die BA die dauerhafte Übernahme an. Bezahlt werden diese Beschäftigten ohnehin bereits vom Bund.

Scholz sucht Diskussion

Trotz des Verzichts auf Gesetzesänderungen strebt Scholz eine einvernehmliche Lösung mit der Union, den Ländern und den Kommunen an. "Das ist ein Diskussionsaufschlag", sagte Scholz. Die Nachtsitzung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat Ende 2003, in der wegen Differenzen von Union und SPD der vom Verfassungsgericht gekippte Kompromiss vereinbart worden war, sei "kein nachahmenswerter Vorgang".

Die Karlsruher Richter hatten kurz vor Weihnachten die 353 Arbeitsgemeinschaften von Kommunen und Arbeitsagenturen in Jobcentern für verfassungswidrig erklärt, weil die Aufgaben beider Behörden unzulässig vermischt würden. Dem Gesetzgeber gab das Gericht bis Ende 2010 Zeit für eine Neuregelung.

Das nun vorgeschlagene neue "kooperative Jobcenter" gesteht den Kommunen weitgehende Mitspracherechte in der Arbeitsmarktpolitik zu, soll aber eine "eigenverantwortliche Geschäftseinheit der Agentur für Arbeit vor Ort" sein. Ein von beiden Seiten besetzter Kooperationsausschuss soll das örtliche Arbeitsmarkt- und Integrationskonzept festlegen. Die kommunale Beteiligung an der Arbeitsmarktpolitik nannte Scholz einen großen Gewinn der Hartz-IV-Reform, der erhalten bleiben müsse.

Die Jobcenter sollen weiter unter einem Dach eine gemeinsame Anlaufstelle für die Hartz-IV-Empfänger bilden. "Die Bürger sollen außer zum Besseren keinen Unterschied wahrnehmen", sagte Scholz. Es bleibe bei den 800 existierenden Jobcentern. "Es gibt keine Umzüge", betonte Scholz.

Eigene Zuständigkeiten

In den Jobcentern nehmen Kommunen und Arbeitsagenturen ihre Aufgaben in eigener Zuständigkeit wahr. Die Kommunen tragen die Wohnungs- und Heizkosten sowie sozialintegrative Leistungen wie Suchtberatung. Maßnahmen zur Qualifizierung der Arbeitslosen und ihre Vermittlung liegen in Händen der Arbeitsagenturen, die auch das vom Bund bezahlte Arbeitslosengeld II auszahlen.

Scholz betonte, dass die mit der Hartz-IV-Reform - der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe mit Jahresbeginn 2005 - verbundenen Fortschritte erhalten blieben. Die Kommunen hätten kein Interesse, die Finanzierung der Langzeitarbeitslosigkeit zurückzubekommen. Auch die institutionell eigenständige Arbeitsvermittlung für Hartz-IV-Empfänger im Unterschied zu den Beziehern des regulären Arbeitslosengeldes I bleibe bestehen. Zudem sei eine "unglaubliche Dezentralisierung" erreicht worden.

Quelle: ntv.de

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