Besuch in China Scholz drängt Xi zu mehr Engagement für Ukraine-Frieden
16.04.2024, 08:16 Uhr Artikel anhören
Scholz: Staatsgrenzen dürfen nicht verletzt werden.
(Foto: dpa)
Kanzler Scholz ist in China und will mit Präsident Xi auch diskutieren, "wie wir mehr zu einem gerechten Frieden in der Ukraine beitragen können". Xi schweigt hierzu, erklärt aber indirekt: Einmischung in innere Angelegenheiten verbittet er sich. Auch der CDU-Politiker Spahn besucht China und gibt Ratschläge.
Bundeskanzler Olaf Scholz will China zu einer aktiveren Rolle im Krieg Russlands gegen die Ukraine bewegen. Er wolle mit Chinas Präsident Xi Jinping darüber diskutieren, "wie wir mehr zu einem gerechten Frieden in der Ukraine beitragen können", sagte Scholz in Peking zum Auftakt eines Treffens mit Xi. "Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die Aufrüstung Russlands haben ganz erhebliche negative Auswirkungen auf die Sicherheit in Europa. Sie beeinträchtigen unsere Kerninteressen unmittelbar."
Hintergrund sind Vorwürfe westlicher Regierungen, dass China Russland zwar nicht mit Waffen, aber mit sogenannten Dual-Use-Gütern unterstützt, die zivil genutzt werden können, die Russland aber für seinen Angriffskrieg verwenden soll. Scholz mahnte, dass der Angriff "mittelbar" die gesamte internationale Ordnung beschädige. Denn er missachte den Grundsatz der Charta der UN, dass Staatsgrenzen nicht verletzt werden dürften. Sowohl Xi als auch er hätten bereits deutlich gemacht, dass Russland mit dem Einsatz von Nuklearwaffen nicht einmal drohen dürfe. China ist wie Russland ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates.
Der chinesische Präsident Xi Jinping ging bei der Begrüßung nicht auf das Thema ein. Er sagte nur allgemein, dass die Beziehungen zu Deutschland stetig weiterentwickelt würden, solange beide Seiten einander respektierten und "Gemeinsamkeiten" suchten, auch wenn es weiter Unterschiede gebe. Dies gilt als Formulierung, mit der sich China Einmischungen in innere Angelegenheiten und etwa Kritik an der Menschenrechtslage im Land verbittet.
"Wir müssen die bilateralen Beziehungen aus einer langfristigen und strategischen Perspektive heraus betrachten und entwickeln." Xi betonte eine positive Entwicklung der bilateralen Beziehungen und deren internationale Bedeutung. "China und Deutschland sind die zweit- und drittgrößten Volkswirtschaften der Welt." Die Entwicklung der Beziehungen habe "wichtige Auswirkungen auf den asiatisch-europäischen Kontinent und sogar auf die ganze Welt". Gemeinsam werde man für mehr Stabilität und Sicherheit in der Welt sorgen.
Scholz: Niemand soll sich vor Nachbarn fürchten müssen
Scholz hatte in einer Debatte mit chinesischen Studenten am Montag in Shanghai gesagt, dass sowohl im Privatleben als auch zwischen Staaten gelten sollte, dass sich niemand vor einem großen, starken Nachbarn fürchten müsse. Dies war eine Anspielung etwa auf die Konflikte Chinas mit seinen Nachbarn im südchinesischen Meer.
Der Kanzler will an diesem Dienstag auch Ministerpräsident Li Qiang treffen und an einem deutsch-chinesischen Wirtschaftstreffen teilnehmen. Scholz wird auf seiner dreitägigen Reise von einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Vor Peking hatte er die Städte Chongqing und Shanghai besucht. Zuletzt war Scholz im November 2022 in China gewesen, 2023 fanden bilaterale Regierungskonsultationen in Berlin statt.
Scholz hatte im Vorfeld seiner Reise darauf verwiesen, dass sein Besuch auf Grundlage der neuen China-Strategie stattfinden, die aus geopolitischen Gründen und wegen der innenpolitischen Entwicklung in China einen deutlich kritischeren Ton gegenüber Peking anschlägt. In Shanghai hatte er auf gleiche Wettbewerbsbedingungen für deutsche Unternehmen gepocht. In Peking verwies er vor dem Gespräch mit Xi darauf, dass Deutschland und China als Exportnationen von den Regeln der Welthandelsorganisation profitierten. Dies war eine Anspielung auf die Kritik an chinesischen Überkapazitäten, die auf die Weltmärkte gelangen. Etliche Staaten und auch die EU werfen China einen unfairen Wettbewerb vor.
Deutsche Autobauer warnen vor Handelsstreit
Die Chefs der beiden deutschen Autokonzerne BMW und Mercedes warnten vor einem Handelsstreit, etwa über chinesische E-Autos in Europa. "Was wir nicht gebrauchen können als Exportnation sind steigende Handelshindernisse", sagte Mercedes-Chef Ole Källenius in Peking der ARD zu der EU-Prüfung, ob es einen unfairen Wettbewerb durch chinesische E-Autos gibt. "Der beste Schutz ist, wettbewerbsfähig zu sein. Und wenn man anfängt, Handelshindernisse aufzubauen, erst der eine und dann der andere, dann führt das in die falsche Richtung."
Källenius bezeichnete ebenso wie BMW-Chef Oliver Zipse China eher als Chance denn als Risiko. Mit Blick auf den Besuch von Scholz sagte Källenius, die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehung müssten nicht nur gepflegt, sondern auch ausgebaut werden. "Sich von so einem großen Markt zurückzuziehen, ist keine Alternative, sondern wir bauen eher unsere Position heraus", sagte er zur Strategie seines Unternehmens in China. BMW sei bereits weltweit aufgestellt, was die beste Strategie sei, Abhängigkeiten von einem Markt zu minimieren, sagte Zipse zu politischen Forderungen nach Diversifizierung.
Auch Spahn in China - Kritik am Kanzler
Auch der für Wirtschaftspolitik zuständige Unionsfraktionsvize Jens Spahn hält sich derzeit in China auf. Er warf Scholz vor, keine klare Strategie zum Umgang mit China zu haben. "Wir können dieser Ampel und diesem Kanzler die China-Politik nicht guten Gewissens überlassen", sagte der CDU-Politiker am Rande seiner fünftägigen China-Reise. Er will mit Vertretern von Politik, Wirtschaft, Medien und Zivilgesellschaft sprechen und neben Peking auch die ostchinesische Küstenstadt Qingdao besuchen.
"Die deutsche Wirtschaftskrise wird in China genau beobachtet. China nimmt uns ernst, weil wir wirtschaftlich stark sind", sagte Spahn und fügte hinzu: "Die Stimme eines Kanzlers im Abschwung verliert Gewicht." Nie seien die Bedingungen für den Industriestandort Deutschland so schlecht wie aktuell gewesen. Deswegen sei dringend eine Wirtschaftswende nötig. "Souveränität entsteht aus eigener Stärke, nicht aus Abgrenzung und Abkopplung", kritisierte der CDU-Politiker mit Blick auf Scholz. Zur Delegation von Spahn auf der China-Reise gehören die Abgeordneten Serap Güler, Mark Helfrich, Paul Ziemiak und Nicolas Zippelius.
Quelle: ntv.de, ghö/rts/dpa