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"Das Leben geht ja immer weiter" Scholz läutet seinen Abgang mit Wahlkampfrede ein

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"Das Leben geht ja immer weiter", weiß Oalf Scholz

"Das Leben geht ja immer weiter", weiß Oalf Scholz

(Foto: picture alliance/dpa)

Am Montag stellt der Bundeskanzler dem Bundestag die Vertrauensfrage. Das Ansinnen hat Scholz offiziell bei Bundestagspräsidentin Bas angemeldet. Als er anschließend vor die Presse tritt, übt Scholz schon einmal seine Wahlkampfansprache - und fordert Unionskanzlerkandidat Merz zum Handeln auf.

Nun ist es offiziell: Der Bundestag wird am Montag über die von Bundeskanzler Olaf Scholz gestellte Vertrauensfrage abstimmen. Scholz meldete wie geplant am heutigen Mittwoch sein Vorhaben bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas an. "Damit möchte ich den Weg freimachen für vorgezogene Bundestagswahlen", sagte Scholz anschließend im Kanzleramt. Er werde im Anschluss an die Abstimmung Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vorschlagen, "den Bundestag aufzulösen". Am 23. Februar sollen dann die Bürgerinnen und Bürger ein neues Parlament wählen, sagte Scholz. "Das ist mein Ziel."

Scholz' Ziel war es lange, die Legislaturperiode mit der gesamten Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP zu beenden. Dieser Plan ist seit dem 6. November Makulatur, als Scholz den Bundesfinanzminister und FDP-Vorsitzenden Christian Lindner aus der Regierung schmiss. Kurz darauf kündigte Scholz an, die Vertrauensfrage am 15. Januar stellen zu wollen - zur Entrüstung von Union und FDP. Unionsfraktionschef und Kanzlerkandidat Frieidrich Merz machte umgehend deutlich, dass seine Fraktion keinem Gesetz zustimmen werde, bevor Scholz Neuwahlen eingeleitet hat. Man einigte sich auf eine Vertrauensfrage noch im Dezember.

Grüne wollen sich enthalten

"Sehr geehrte Frau Bundestagspräsidentin, gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes stelle ich den Antrag, mir das Vertrauen auszusprechen. Ich beabsichtige, vor der Abstimmung am Montag, dem 16. Dezember 2024, hierzu eine Erklärung abzugeben", heißt es in der schriftlichen Erklärung, die Scholz seiner Parteigenossin Bas übermitteln ließ. Montag 13 Uhr ist es dann soweit. Scholz kündigte an, er wolle die Vertrauensfrage ausführlich begründen.

SPD und Grüne als verbliebene Regierungsparteien verfügen über keine eigene Mehrheit im Bundestag. Die SPD-Bundestagsfraktion steht fest an der Seite des Bundeskanzlers", erklärte SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Katja Mast. Zeitgleich ließ die Spitze der Grünen-Fraktion wissen: "Wir schlagen der Fraktion vor, sich bei der Abstimmung zur Vertrauensfrage zu enthalten." Damit kann die SPD ruhigen Gewissens Scholz das Vertrauen aussprechen. Selbst wenn Abgeordnete der AfD und andere nun Scholz - warum auch immer - ihr Vertrauen aussprechen: Scholz wird keine Mehrheit erhalten. Die Neuwahl kommt. FDP und Grüne wollen noch in der Woche vor Weihnachten ihre Entwürfe eines Wahlprogramms vorstellen.

"Für viele in Deutschland ist das eine Menge Geld"

Scholz verknüpfte seine Ankündigung mit einer Aufforderung an die nicht der Regierung angehörenden Parteien, noch vor Weihnachten Entlastungen für Menschen und Unternehmen zuzustimmen. "Das Leben geht ja immer weiter", wusste Scholz. "Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, dass Bundestag und Bundesregierung, dass alle politischen Kräfte ihren Job tun und zum Wohl des Landes zusammenarbeiten." Er nannte vier Punkte: den Abbau der kalten Progression, die Erhöhung von Kindergeld und Kinderzuschlag, die Absicherung des Deutschlandtickets, die Deckelung der Strompreise.

"Für eine ganz normale Familie mit zwei Kindern machen all die geplanten Entlastungen schnell 80 oder 100 Euro im Monat aus. Für viele in Deutschland ist das eine Menge Geld", sagte Scholz. "Wenn wir jetzt nichts dagegen tun, dann steigen die Steuern für alle Beschäftigten von Januar an, Lohnzuwächse wären dahin", sagte Scholz mit Blick auf die kalte Progression. Er will die Steuersätze so angepasst wissen, dass Lohnzuwächse in Höhe der Inflation nicht durch einen höheren Steuertarif aufgefressen werden. "Das können und das werden wir gemeinsam mit der Opposition verhindern."

Union und FDP wenig offen

Die FDP aber hat ihre Zustimmung schon ausgeschlossen, weil das Steueranpassungsgesetz auch weitere Bürokratie mit sich bringe. Die Unionsfraktion bewertet den Vorschlag ähnlich. Zumal auch eine kommende Regierung, die wohl erst im Frühjahr übernimmt, Steuersätze rückwirkend anpassen kann. Auch die Deckelung des Strompreises durch eine Beteiligung des Bundes an den Stromnetzausbaukosten, die Verbraucher in Form des Netzentgelts bezahlen, betrachten Union und FDP als abzulehnende Subventionspolitik. Wie sich die Union zum Deutschlandticket verhalten wird, ist offen. Mitte November hatte die Union aber ihre Zustimmung signalisiert. "Das Deutschlandticket 2025 wird es geben", hatte Merz gesagt. "Selbstverständlich scheitert das nicht an uns."

"Haushaltswirksame Entscheidungen werden wir nicht mehr treffen können, da wir keinen Nachtragshaushalt für 2024 und keinen Bundeshaushalt für das Jahr 2025 haben", sagte CDU-Chef Merz der Nachrichtenagentur Reuters. "Dinge aus der vorläufigen Haushaltsführung zu finanzieren, das ist Stückwerk. Und Stückwerk machen wir mit dieser Restampel ganz sicher nicht mit." Die Union lasse sich nicht unter Druck setzen für Projekte, für die die zerbrochene Ampel-Regierung drei Jahre Zeit gehabt habe. "Das gilt auch für die Übertragungs-Netzentgelte", betonte Merz und kritisierte, dass der Vorschlag der rot-grünen Minderheitsregierung für eine Deckelung viel zu spät komme.

Scholz übt schon für Wahlkampf

Merz ist längst im Wahlkampfmodus, Scholz aber auch: Er nutzte seine kurze Ansprache auch für eine kurze Wahlkampfrede. Die Bürgerinnen und Bürger "entscheiden bei der Wahl, wie wir die großen Fragen beantworten, die vor uns liegen", sagte Scholz und zählte diese Fragen auf: "Trauen wir uns zu als starkes Land, kraftvoll in unsere Zukunft zu investieren? Sichern wir Arbeitsplätze und modernisieren wir unsere Industrie? Sorgen wir für stabile Renten, verlässliche Gesundheitsversorgung und gute Pflege? Kommen wir einem gerechten Frieden in der Ukraine näher, ohne dass Deutschland in den Krieg hineingezogen wird?"

Es ist ein Vorgeschmack auf die Themen, die Scholz im Wahlkampf vor allem ansprechen wird. Stand heute wird er zudem darüber sprechen wollen, dass CDU, CSU und FDP ja vor Weihnachten Entlastungen für alle Bürger verweigert hätten. Der Wahlkampf hat eben schon lange vor der Anordnung von Neuwahlen begonnen.

Quelle: ntv.de

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