Politik

Waffen als Überlebensstrategie Selenskyj zeichnet düsteres Drohnen-Szenario und richtet Appell an UN

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Einen Tag nach den wirren Worten von Donald Trump steht Wolodymyr Selenskyj am Rednerpult der UN. Und nennt seine Sicht der Lage beim Namen: "Nichts garantiert Sicherheit außer Waffen und Freunde."

Die Welle muss Wolodymyr Selenskyj reiten - so mag manch einer gedacht haben, bevor der ukrainische Präsident in der UN-Vollversammlung ans Rednerpult tritt. Am Vortag hat er mit US-Präsident Donald Trump zusammengesessen. Anschließend hat Trump auf seiner Internet-Plattform ungewohnte Worte gefunden - vom sinnlosen Krieg Russlands geschrieben und von den Möglichkeiten der Ukraine, ihr Staatsgebiet zurückzugewinnen - mit Unterstützung aus Europa und von der Nato.

Nun müsste Selenskyj noch einmal aufrütteln, berichten, wie erbarmungslos die russischen Truppen töten und aufmarschieren, wie Familien ausgelöscht werden bei den Angriffen auf Städte und Dörfer. Darstellen, wie wirkmächtig die ukrainischen Soldaten den Invasoren Einhalt gebieten könnten - hätten sie nur die nötigen Waffen zur Verfügung.

Selenskyj entscheidet sich anders. Er schaut in die Ukraine, doch eher als ein Fallbeispiel, um die großen Zusammenhänge zu erklären. Wie sehr sein Land auf die Hilfe der westlichen Partner angewiesen ist, das ist eben nicht nur die aktuelle Lage, sondern auch beklagenswert und sollte nicht so sein. Dafür haben die Vereinten Nationen 1945 die UN-Charta beschlossen und im Völkerrecht festgeschrieben, dass Gewalt zwischen Staaten verboten ist. Nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs soll das für die kommenden Generationen Frieden garantieren.

80 Jahre ist das her, und auch dieses 80-jährige Bestehen feiern die UN dieser Tage. Doch Selenskyjs Erfahrung ist eine andere: Die UN-Charta garantiert keine Sicherheit. Nichts garantiere Sicherheit - außer Freunde und Waffen. Viele Staaten hätten gar keine andere Wahl, als in Waffen zu investieren. Auch die Ukraine habe sich nicht dafür entschieden. "Waffen entscheiden, wer überlebt."

Selenskyj sieht das Recht kollabieren

Selenskyj nennt Israel genauso wie Gaza, Somalia und den Sudan. Er beschreibt, wie aus seiner Sicht Sanktionen die syrische Wirtschaft erdrücken und Afghanistan von den Taliban "zurück ins dunkle Zeitalter" gezerrt wird. Überall sieht Selenskyj das Internationale Recht kollabieren.

Parallel zu dieser Entwicklung bekommen destruktive Kräfte für sein Empfinden immer gewaltigere Mittel an die Hand. Selenskyj nennt die Schüsse während des Wahlkampfs auf Donald Trump und das Attentat auf Charlie Kirk. Die Nachrichten seien voller Meldungen über Angriffe auf der ganzen Welt.

Vor zehn Jahren habe sich niemand vorstellen können, "dass billige Drohnen Todeszonen erschaffen würden", sagt Selenskyj. "Dutzende Kilometer weit, wo sich nichts bewegt, es kein Leben gibt." Todeszonen habe man früher mit einem Atomschlag in Verbindung gebracht. Heute richteten dies täglich Drohnen an und bald würden sie völlig autonom kämpfen, ohne Beteiligung eines Menschen. "Russland jetzt aufzuhalten, ist günstiger, als sich zu fragen, wer als erster eine Drohne mit Nuklearkapazitäten bauen wird."

Und egal, als wie zahnlos sich die UN-Charta dieser Tage an vielen Orten der Welt erweist, am Ende kann auch Selenskyj nur für globale Regeln plädieren. Die Welt müsse wieder zusammenarbeiten für Frieden und Sicherheit - und mit globalen Regeln über die Nutzung Künstlicher Intelligenz.

An der Front im Verteidigungskrieg gegen Russland sammeln die Ukrainer täglich Erfahrung und gehen mehr und mehr dazu über, ihre Waffen selbst zu entwickeln. Selenskyj ist inzwischen schon in der Lage, Know-how und Entwicklungen anzubieten. "Sie müssen dieses Wettrüsten nicht von Null beginnen", sagt der Ukrainer, am UN-Rednerpult im schwarzen Anzug gekleidet. Er fordert die Anwesenden auf, sich umzuschauen: Wie viele Länder bei der Generalversammlung sich im Krieg befinden, aus einem Krieg kommen, versuchen, einen Krieg aufzuhalten oder sich offen auf einen Krieg vorbereiten. "Krieg hat bereits zu viele Leute erfasst, um so zu tun, als hätte er nichts mit Ihnen zu tun."

Quelle: ntv.de

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