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Trump mit einem lichten Moment Der Präsident muss bitte sofort in Quarantäne

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US-Präsident Donald Trump im Regierungs-Helikopter bei der Landung in Washington am Dienstagabend.

US-Präsident Donald Trump im Regierungs-Helikopter bei der Landung in Washington am Dienstagabend.

(Foto: IMAGO/MediaPunch)

Europa fährt zur Hölle, aber die Ukraine kann den Krieg gewinnen - In Trumps wirrer Sicht auf die Welt lohnt es, nach einem brauchbaren Satz zu suchen. Kann man alles nicht ernst nehmen? Stimmt. Aber damit arbeiten muss man trotzdem, das verlangt die Lage.

Eine Stunde statt 15 Minuten - vor den Vereinten Nationen in New York dreht Donald Trump in seiner Rede am Dienstag weitgehend frei. Schuld ist womöglich vor allem die Technik: Der Teleprompter ist ausgefallen und der US-Präsident lässt seinen Gedanken freien Lauf: Der Klimawandel - größter Betrug aller Zeiten. Europa werde an Windmühlen untergehen sowie an Einwanderung und insgesamt "zur Hölle fahren". Die UNO selbst? Sei in vielen Fällen eher das Problem als die Lösung. Zumal, wenn neben dem Teleprompter auch noch die Rolltreppe den Dienst quittiert. Trump außer Rand und Band, und das in der vierfachen Redezeit, auf die sich die Weltgemeinschaft mental eingestellt hatte.

Wenn Trump viermal so lange redet wie vorgesehen, ist auch mit viermal mehr verstörenden Statements zu rechnen. Dennoch lohnt es sich, das alles auszuhalten, wenn solch eine UN-Vollversammlung eben auch dazu führt, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mal wieder Gelegenheit hat, mit dem US-Präsidenten ein paar vertrauliche Worte zu wechseln.

Das hat in New York stattgefunden und offenbar in ziemlich direkter Folge zu einem Post auf Trumps Internet-Plattform Truth Social geführt. Dort proklamiert der Präsident nicht weniger als eine Kehrtwende der USA in der Ukraine-Politik.

Mit Unterstützung der Europäischen Union, so erklärt Trump, sei Kiew in der Lage, "die gesamte Ukraine in ihrer ursprünglichen Form zurückzuerobern". Russland führe einen ziellosen Krieg, den eine echte Militärmacht in weniger als einer Woche hätte gewinnen können.

Die Nato kann mit US-Waffen "machen, was sie will"

Gut, kann man denken, klingt zwar proukrainisch, nennt aber keineswegs den Kreml als Angreifer und auch nicht die USA als Partner im ukrainischen Kampf zur Rückeroberung ihres Staatsgebiets. Doch im nächsten Satz schließt Trump die Nato als Geldgeberin mit ein - also auch die USA. Es folgt ein nicht enden wollender Bindfadensatz über das Versagen Russlands in seiner Kriegsführung und die Schlussfolgerung: "Wir werden weiterhin Waffen an die Nato liefern, damit die Nato damit machen kann, was sie will. Viel Glück an alle!"

Nun ist es überhaupt nicht möglich, im engeren Sinne "Waffen an die Nato" zu liefern, weil die Nato keine eigene Armee und kein eigenes Waffenarsenal hat, sondern immer exakt so stark ist wie die Mitgliedsländer, die ihre Truppen in den Dienst des Bündnisses stellen. Aber Schwamm drüber, das ist ja auch alles kompliziert für jemanden, der primär in An-und-Verkauf-Dimensionen denkt.

Bemerkenswert bleibt: Trump hat sich zwar nicht dazu entschieden, den Ukraine-Krieg nun auch aus der moralischen Perspektive zu bewerten und die beiden Kriegsparteien als Angreifer und Verteidiger zu benennen. Stattdessen aber unterteilt er nach seinem Gespräch mit Selenskyj - jetzt neu - in Macher und Memme. Da hat der ukrainische Präsident offenbar einen Pflock im Gespräch mit Trump einschlagen können und deutlich gemacht, dass Kremlchef Wladimir Putin nach der gescheiterten Sommer-Offensive und überhaupt in seiner Rolle als Eroberer im Dienste Russlands keine gute Figur macht, sondern allenfalls einen Zaren für Arme abgibt.

Bei einer erratischen Persönlichkeit wie Donald Trump ist es letztlich unerheblich, zu welcher Einsicht er genau gekommen ist. Entscheidend ist das Ergebnis, und entscheidend ist, dass man ein gutes Ergebnis so schnell wie möglich und so weitgehend wie möglich nutzt. Zumal dem Präsidenten ja immer das am stärksten einleuchtet, was er zuletzt von wem auch immer gehört und erklärt bekommen hat.

Gut wäre also, wenn Trump möglichst nicht so bald auf seinen Außenminister Marco Rubio träfe, der heute zu einem Gespräch mit Sergej Lawrow zusammenkommt. Die Position des Kreml-Außenministers könnte Trumps Perspektive gleich wieder ins Gegenteil verkehren. Zudem müsste man sicherstellen, dass in den kommenden Tagen möglichst wenig Gelegenheit besteht, Fox News einzuschalten, denn das bringt den US-Präsidenten auch immer wieder auf komische Gedanken.

Am besten, wirklich überaus wünschenswert wäre es, man könnte Trump für mindestens zwei Wochen in Quarantäne stellen, unter eine Art Käseglocke. Sodass die neu gewonnenen Erkenntnisse des Dienstags erst mal sacken und sich verfestigen können, und man in der Zwischenzeit mit den Waffen-Zusagen schon einmal in irgendeiner noch zu erfindenden Form arbeiten kann. Wie lange Trumps lichter Moment sich ausdehnen lässt - kein Mensch weiß es. Tempo ist in jedem Fall angeraten.

Quelle: ntv.de

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