Parteitag in MünchenSöder mit magerem Ergebnis als CSU-Chef bestätigt
Von Hubertus Volmer, München
Der CSU-Parteitag in München bestätigt Markus Söder als Parteichef. Allgemein war ein Ergebnis von mindestens 90 Prozent erwartet worden. Tatsächlich wird es deutlich weniger - so wenig wie noch nie für Söder.
Ein so schlechtes Ergebnis hatte Markus Söder wohl nicht erwartet: Mit nur 531 von 635 gültigen Stimmen wurde Söder auf dem CSU-Parteitag in München als Parteivorsitzender wiedergewählt. 83,6 Prozent. "Ja, bedanke mich für das Vertrauen, vielen Dank, Dankeschön", sagt er mit leicht enttäuschtem Unterton, als er wie üblich gefragt wird, ob er das Ergebnis annimmt.
Was in anderen Parteien ein ordentlicher Wahlausgang wäre, ist Söders schlechtestes Ergebnis: Bei seiner ersten Wahl zum CSU-Chef im Januar 2019 hatte er 87,4 Prozent bekommen, im Oktober desselben Jahres 91,3 Prozent, dann 87,6 Prozent im September 2021.
Vor zwei Jahren schließlich, kurz vor den bayerischen Landtagswahlen, bestätigte ein CSU-Parteitag Söder mit 96,56 Prozent im Amt, seinem bisherigen Rekordergebnis. Das war zwar kurz vor einer Landtagswahl. Aber auch jetzt stehen Wahlen an: Kommunalwahlen, im März nächsten Jahres. Auch deshalb hatte die Parteispitze auf ein Signal der Geschlossenheit gehofft. Das fällt nun dürftig aus. Später am Abend erhält unter den fünf stellvertretenden CSU-Vorsitzenden ausgerechnet Manfred Weber mit 93,7 Prozent das beste Ergebnis. Weber ist EVP-Chef im Europaparlament und meldet sich immer wieder mit zumindest indirekter Kritik an Söder zu Wort.
In seiner gut 75-minütigen Rede hatte Söder sich als ersten Diener der Partei dargestellt und den Vorwurf zurückgewiesen, die CSU bestehe nur aus ihrem Vorsitzenden. Er höre immer, die CSU brauche ein Team. "Macht doch mal ein Quiz: Sagt mir fünf Leute von den Oppositionsparteien in Bayern", konterte Söder den Vorwurf. Seine Botschaft: "Wir haben mehr zu bieten, wir sind auch breit aufgestellt."
"Absolute Champions League"
Allerdings konnte man zu Beginn des Parteitags durchaus den Eindruck gewinnen, die CSU sei eine One-Man-Show. Die einführenden Worte von CSU-Generalsekretär Martin Huber waren über weite Strecken eine große Lobhudelei des Vorsitzenden. "Deine Bilanz ist wie der FC Bayern: absolute Champions League", sagte Huber. Oder: "Das Pensum, das er für unsere Partei hinlegt, ist wirklich beeindruckend." Tatsächlich ist Söder ein Parteichef, der viele Termine wahrnimmt - was Kritiker dann wiederum monieren lässt, es brauche mehr inhaltliche Tiefe und einen deutlicheren Kompass.
Auch diese Kritik wies Söder zurück. Noch immer würden in der CSU die gleichen Grundwerte gelten wie bei der Gründung der Partei im Jahr 1945: demokratischer Rechtsstaat, soziale Marktwirtschaft, christliches Menschenbild, bayerische Eigenstaatlichkeit.
"Wir könnten ohne Deutschland"
Wie bei der CSU üblich, ging es in Söders Rede viel um die Stärke Bayerns. "Wir könnten ohne Deutschland", sagte der Ministerpräsident. "Aber Deutschland ohne Bayern wäre restlos pleite und hilflos." Söder zählte auf, wo Bayern überall "Nummer eins" sei. In der Bildung etwa sei Bayern "seit 75 Jahren oben, weil es die CSU gibt. Und Bremen ist seit 75 Jahren unten, weil es die SPD gibt."
Allerdings hielten sich die Attacken auf politische Gegner in Grenzen. "Wir leben in Zeiten, die so schwierig wie nie sind. Deshalb gibt es heute auch keine Bierzeltrede oder eine Verhöhnung von anderen", kündigte er zu Beginn seines Auftritts an. "Was früher unbestreitbar war, das wackelt heute. Deutschland ist tief in der Rezession und gefühlt geht es immer weiter."
Söders fünfte Wiederwahl als CSU-Vorsitzender stand im Zentrum des zweitägigen Parteitags. Zum Abschluss spricht am Samstag Bundeskanzler Friedrich Merz vor den Delegierten.
In seiner Rede wies Söder zudem auf die Bilanz der CSU in den Koalitionen in Berlin und München hin. "Wir haben alles durchgesetzt, was wir uns vorgenommen haben", sagte er. "Dies ist eine Gemeinschaftsleistung von uns allen, darauf könnt ihr stolz sein."
"Ich gebe wirklich alles"
Söders verwies zudem auf Erfolge wie die Mütterrente, das Aus vom Verbrenner-Aus, oder, dass er "ein bisschen was zurückgeholt" habe vom Geld, das Bayern stets an die anderen Bundesländer überweise, "eine knappe Milliarde". Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass die Geberländer im Länderfinanzausgleich entschädigt werden. Für Bayern sind dies in den kommenden vier Jahren 850 Millionen Euro, wie die Koalition am Donnerstag mitgeteilt hatte.
Söder räumte ein, dass diese Summe nicht reiche: Allein in diesem Jahr werde Bayern 12 Milliarden Euro an den Länderfinanzausgleich zahlen, während sich andere Länder Dinge leisten würden, die Bayern sich nicht leiste - etwa kostenloses Mittagessen für Kita-Kinder und kostenlose ÖPNV-Tickets für Schüler. "Es kann nicht weiter so sein, dass wir den Rest der Republik finanzieren", sagte er, deshalb halte Bayern an seiner Klage gegen den Länderfinanzausgleich fest.
Am Schluss seiner Rede schien Söder sich geradezu von einer verletzlichen Seite zu zeigen. "Ich gebe wirklich alles, was ich habe, manchmal bis an die Grenze des körperlich Machbaren", sagte er über seinen Einsatz für die CSU. Als er am Ende rief, "Gott schütze unsere CSU", erhielt er denn auch stehende Ovationen und minutenlagen Beifall.
Aber eben auch nur 83,6 Prozent.