"Almwirtschaft stirbt sonst aus" Söder will Abschuss von Wölfen erleichtern
26.04.2023, 15:56 Uhr Artikel anhören
Aufgrund der steigenden Anzahl an Wölfen sei ihr hoher Schutzstatus nicht mehr gerechtfertigt, meint Bayerns Ministerpräsident Söder. Daher müsse dieser angepasst werden und die "Entnahme" schneller erfolgen. Ansonsten würden weitreichende Folgen drohen.
Angesichts der wachsenden Zahl an Wölfen in Bayern wie auch dem übrigen Europa fordert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder eine EU-weite Lockerung des strengen Tierschutzstatus. "Der Erhaltungsstatus des Wolfes ist mittlerweile so gut, dass wir übrigens nicht nur bei uns, sondern auch anderswo, mit erheblichen Rudelbildungen rechnen müssen", sagte der CSU-Chef bei einem Termin in Oberaudorf (Landkreis Rosenheim). Daher müsse der einst beschlossene Schutzstatus angepasst und die Rechtslage zur Entnahme von Tieren erleichtert werden. "Wenn wir jetzt nicht aufpassen, dann haben wir die Entwicklung, dass wir in den nächsten Jahren keine Möglichkeiten mehr haben, sinnvoll einzugreifen", betonte Söder.
In Brüssel und in Berlin müsse in Sachen Wolf "endlich umgedacht werden". Es stehe eindeutig fest, dass es so viele Wölfe gebe, dass der hohe Schutzstatus nicht mehr gerechtfertigt sei. Mit Blick auf die Situation in den Alpen sagte Söder: "Der Wolf gehört hier nicht her." Anders als in anderen Regionen könnten auf den Almen keine Schutzzäune gebaut werden, auch größere Herden oder Herdenhunde seien hier nicht als Lösung möglich, um Risse von Weidetieren zu verhindern. "Die Wahrheit ist, wenn wir nichts tun, stirbt hier die Almwirtschaft aus."
Daher müsse die Möglichkeit geschaffen werden, den Wolf abzuschießen "und zwar rasch und konsequent", sagte Söder. Er verwies darauf, dass es "Tausende Rechtsfragen" gebe, die dahinterstünden. Es dürfe zudem nicht sein, dass bis zu einer Entnahme wochenlang Gutachten gemacht werden müssten. Mit Verweis auf einen Jogger, der in Südtirol durch einen Bären getötet wurde, betonte Söder, dass niemand garantieren könne, dass dadurch nicht auch eine Gefährdung für die Menschen entstehen könne. Aus diesem Grund habe Bayern eine neue Verordnung erlassen, die eine schnellere Entnahme bereits nach einem Riss ermögliche.
Söder betonte, er hoffe, dass die bereits angekündigten Klagen gegen die neue bayerische Verordnung nicht erfolgreich seien. "Aber ehrlicherweise habe ich jetzt auch keine Lust mehr zu sagen, weil vielleicht ein Klagerisiko besteht, weil vielleicht die Sorge besteht, es könnte was passieren, trauen wir uns lieber gar nichts zu entscheiden."
Vergrämen oder Entnehmen
Das bayerische Kabinett hatte am gestrigen Dienstag beschlossen, dass Wölfe und auch Fischotter vom 1. Mai an leichter abgeschossen werden können. Beim Wolf ist laut Söder das Entscheidende: Es brauche nicht mehr unzählige gerissene Tiere, sondern nur einen Riss. Dann könne in dem Gebiet eine "Entnahme erfolgen". Es müsse auch nicht der eine Wolf ermittelt werden, der ein Schaf gerissen habe, es brauche kein langes Verfahren mehr. "Jetzt kann man die Wölfe dann generell in der Region entnehmen." Die Landratsämter bekommen künftig die Möglichkeit, über den Abschuss selbstständig zu entscheiden. Bislang waren dafür im Freistaat die Bezirksregierungen zuständig.
Das Umweltministerium erklärte am Dienstag, beim Wolf werde es "verfahrensmäßige Erleichterungen zur Vergrämung und Entnahme unter Wahrung der EU- und bundesrechtlichen Anforderungen" geben. Vergrämung bedeutet das Vertreiben und Fernhalten von Tieren, mit Entnahme ist gemeinhin der Abschuss gemeint. Mit der Wolfs-Verordnung würden nun vereinfachte Ausnahmen für "verhaltensauffällige" und "schadensstiftende" Wölfe ermöglicht.
Verhaltensauffällige Wölfe sollen etwa dann abgeschossen werden dürfen, "wenn ein Wolf sich Menschen mit Hunden annähert und dabei ein aggressives Verhalten zeigt". "Schadensstiftende" Wölfe, die Nutztiere reißen, sollen in ausgewiesenen "nicht schützbaren Weidegebieten" leichter abgeschossen werden dürfen. Das sind laut Ministerium Gebiete, bei denen Herdenschutzmaßnahmen nicht möglich oder nicht zumutbar sind, etwa Almen oder Alpen im Gebirge.
Quelle: ntv.de, lar/dpa