Politik

Haft für Straßenblockaden Söder will bundesweiten Präventiv-Arrest für Klimaaktivisten

In Bayern können Klimaaktivisten wie islamistische Gefährder bis zu 60 Tage ins Gefängnis gebracht werden.

In Bayern können Klimaaktivisten wie islamistische Gefährder bis zu 60 Tage ins Gefängnis gebracht werden.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Mit Verkehrsblockaden und der Verschmutzung von Kunstwerken muten Aktivisten der "Letzten Generation" der Gesellschaft einiges zu. Aus der CSU kommen Warnungen vor einer "Klima-RAF". Parteichef Söder würde die Protestierenden gern auch bundesweit vorsorglich ins Gefängnis schicken.

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder stellt sich nicht gegen die Warnung, dass Klimaaktivisten zu einer "Klima-RAF" werden könnten. "Es besteht immer die Gefahr, dass bei einer großen Bewegung ein kleiner Kern beginnt, aggressiver und radikaler zu werden", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe auf die Frage, ob "Klima-RAF" auch seine Wortwahl sei. "Alexander Dobrindt hat auf ein Phänomen hingewiesen und gewarnt, was sich daraus entwickeln könnte. Die große Mehrheit der Deutschen hält Straßenblockaden für falsch."

CSU-Landesgruppenchef Dobrindt hatte kürzlich gefordert, die Entstehung einer "Klima-RAF" müsse verhindert werden. An diesem Vergleich hält Dobrindt trotz Kritik fest. Die linksextreme Rote Armee Fraktion (RAF) war zwischen den frühen 1970er und 1990er Jahren aktiv. Bei ihren terroristischen Anschlägen und Geiselnahmen ermordete sie mehr als 30 Menschen. Die Aktivisten der "Letzten Generation" nutzen unter anderem Straßenblockaden, um auf ihr Anliegen - den Kampf gegen den Klimawandel - aufmerksam zu machen. Sie fordern ein Tempolimit auf Autobahnen und die Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets im öffentlichen Personennahverkehr. Gewalt gegen Menschen lehnt die Gruppe ab.

Terrorismusforscher hält Vergleich für abwegig

Im "Spiegel" ordnete der Hamburger Politikwissenschaftler und Terrorismusexperte Wolfgang Kraushaar Vergleiche zwischen mit der RAF als "reichlich absurd" ein. "Die Vorstufen zum Terrorismus bei der RAF waren auf dem Höhepunkt der 1968er-Unruhen zwei Anschläge auf Warenhäuser in Frankfurt am Main. Unter den Tätern waren Gudrun Ensslin und Andreas Baader, die späteren Führungsfiguren der RAF", sagte Kraushaar. Eine solche Vorstufe sei bei der "Letzten Generation" nicht erkennbar, sagte er dem Nachrichtenmagazin. Dass die Gruppe mit ihrem Protest wirkmächtig ist, glaubt der Forscher nicht. "Es ist offensichtlich, dass das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken, nicht erreicht wird. Aktivisten, die sich auf der Straße ankleben oder ein Gemälde beschmieren, können daran nichts ändern", sagte Kraushaar.

In Bayern kann die Polizei Menschen nach dem Entscheid eines Amtsgerichts bis zu 30 Tage lang in präventiven Gewahrsam nehmen, und das zweimal hintereinander. Das Gesetz wurde ursprünglich als Mittel gegen islamistische Gefährder eingeführt, jetzt wird es auf Klimaaktivisten angewendet. Gut zwei Dutzend sitzen derzeit im Gefängnis "zur Verhinderung weiterer angekündigter Blockadeaktionen und Straftaten". Ministerpräsident Söder würde die bayerische Regelung gern bundesweit angewendet sehen: "Wir brauchen in ganz Deutschland eine klare Linie", sagte er den Funke-Zeitungen.

Buschmann will Strafverschärfung prüfen

Nach den Protestaktionen in Museen, bei denen die Protestierenden Kunstwerke mit Lebensmitteln beschmierten, zieht Bundesjustizminister Marco Buschmann eine Verschärfung des Strafrechts in Erwägung. Sein Ministerium werde genau beobachten, wie die Justiz mit den Angriffen auf Kulturschätze umgehe, sagte der FDP-Politiker der "Bild am Sonntag". "Sollte ich zu dem Ergebnis kommen, dass der rechtliche Rahmen nicht ausreicht, werde ich handeln. Ich werde mein Haus genau prüfen lassen, ob wir hier ein gesetzliches Defizit haben", sagte Buschmann.

Anfang November hatte Buschmann der "Bild" gesagt: "Wer Kunstwerke bewirft, kann sich einer Sachbeschädigung strafbar machen. Eine Straßenblockade kann als Nötigung bestraft werden. Und wenn Rettungswagen ausgebremst werden, kommt auch eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung in Betracht." Gesetze sähen neben Geldstrafen auch in bestimmten Fällen Freiheitsstrafen vor. Diese Gesetze gelte es auch durchzusetzen.

Buschmann sagte nun der "Bild am Sonntag", in einer offenen Gesellschaft dürfe jeder für sein Anliegen werben, Dinge kritisieren und demonstrieren. Das sei nicht nur rechtlich geboten, sondern mache eine vielfältige Gesellschaft aus. "Das Bewerfen von Kunst mit Lebensmitteln hat damit aber wenig zu tun", sagte er.

Quelle: ntv.de, ino/dpa

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