Europa, Iran und das Öl-Embargo Starkes Signal gegen die Bombe
24.01.2012, 13:48 Uhr
Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat aus Protest den iranischen Botschafter in Dänemark einbestellt.
(Foto: REUTERS)
Das Öl-Embargo der EU soll die Regierung Irans zwingen, ihr Atomprogramm offenzulegen und zu stoppen. Ob es Präsident Ahmadinedschad beeindruckt, steht in den Sternen. Trotzdem war die Entscheidung der EU-Außenminister ohne Alternative.
Schritt für Schritt haben die USA und die Europäische Union seit 2005 die Sanktionen gegen Iran verschärft, um ein Einlenken im Konflikt um Nukleartechnologie und Atomwaffen zu erzwingen. Die Reaktion in Teheran war immer gleich: Präsident Mahmud Ahmadinedschad blieb stur, drohte seinen Gegnern, wetterte gegen den Westen und Israel. Und Iran kam der Atombombe immer näher. Jetzt hat die EU zu ihrer schärfsten friedlichen Waffe gegriffen, nämlich ein Öl-Embargo verhängt und Konten der Zentralbank eingefroren. Doch die Fragen bleiben: Wieso sollte sich Iran ausgerechnet diesmal von Muskelspielen aus dem Westen beeindrucken lassen? Und falls doch: Eskaliert jetzt der Konflikt?
Schmerzhaft ist die Sanktion für den Iran: Immerhin war die EU bisher nach China der größte Öl-Abnehmer, rund 450.000 Barrel (je 159 Liter) Rohöl täglich flossen in EU-Länder. Das sind etwa 20 Prozent der Erdöl-Exporte des Landes. Erstmals trifft eine Sanktion der EU nicht nur den Nuklearsektor. Und die iranische Wirtschaft leidet schon jetzt: Unter dem Druck der bisherigen Handelsbeschränkungen steigen die Arbeitslosigkeit und die Inflationsrate rasant, Korruption und Schmuggel florieren. Das Embargo könnte die Falschen treffen – die Menschen, nicht die Regierung.
Europa dagegen betrifft das Embargo unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten unterschiedlich stark: Insgesamt stammen nur 4,5 Prozent des europäischen Ölimports aus Iran, in Deutschland ist es sogar nur ein Prozent. Schwieriger sieht es für die ohnehin durch die Euro-Krise stark gebeutelten Länder Griechenland, Italien und Spanien aus.
Teheran bastelt weiter an der Bombe

Zum Schutz vor Luftangriffen wurde diese Anlage zur Urananreicherung in einen Berg gebaut.
(Foto: AP)
Diese Folgen sind nicht zu übersehen, die EU-Außenminister haben sie in Kauf genommen. Aus gutem Grund: Denn die Sanktionen setzen der Bedrohung durch eine iranische Atombombe ein deutliches Zeichen entgegen. Das klare Signal der USA , Israels und der EU: "Wir beobachten das Atomprogramm genau, und wir ziehen Konsequenzen." Diese Botschaft ist dringend notwendig - auch wenn nicht alle mitziehen. US-Präsident Barack Obama hat in der Vergangenheit versucht, zum Beispiel China, Japan, Indien und Südkorea von der Notwendigkeit der Sanktionen zu überzeugen, bisher ohne Erfolg. Auch Russland und die Türkei wollen weiterhin iranisches Öl kaufen.
Doch seitdem die Internationale Atomaufsicht (IAEA) im November in ihrem Bericht Alarm geschlagen hat, ist die Weltgemeinschaft zum Handeln verpflichtet. Zu lange und zu erfolgreich bastelt Teheran schon an der Atombombe, zu aggressiv ist das Regime. Am Samstag wollen die Inspektoren wieder ins Land reisen. Iran hat zugesichert, die Mitarbeiter auch ins Land zu lassen.
Die Reaktion Ahmadinedschads ist vollkommen unberechenbar. Zwar wird Teheran im Moment leiser, doch gedroht hat Iran in der Vergangenheit schon oft und unverhohlen: Zum Beispiel den USA, die Meerenge von Hormus, eine wichtige Wasserstraße für den internationalen Ölmarkt, zu blockieren. Oder Israel, einen "apokalyptischen Schlag" zu führen. Oder vor knapp zwei Wochen den Mitgliedern der Organisation Erdöl exportierender Staaten, falls sie bei dem drohenden Embargo der EU Lieferausfälle ausgleichen würden. "Wenn sie das machen, würden wir dies als unfreundlichen Akt ansehen, und sie sollen wissen, dass die Konsequenzen daraus unvorhersehbar wären", sagte der iranische Botschafter bei der Opec, Mohammed Ali Chatibi. Saudi-Arabien will jetzt trotzdem mehr Öl nach Europa liefern. Alles nur Show? Vielleicht. Vielleicht eskaliert nun auch der Konflikt.
Das Risiko mag hoch sein – trotzdem war die Entscheidung der EU-Außenminister für das Embargo unausweichlich. Denn Nichtstun und Abwarten, bis Iran seine Atombombe gebaut hat, kann keine Alternative sein.
Quelle: ntv.de