"Auch diesmal ist nichts gelaufen" Steinmeier entdeckt die Frauen
28.06.2009, 10:57 UhrSPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier will im Falle eines Wahlsiegs die gezielte Besserstellung von Frauen zu einem Schwerpunkt seiner Regierungsarbeit machen.
Es gebe die rechtliche Verpflichtung, dass Frauen und Männer für gleichwertige Arbeit auch gleich bezahlt würden, sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die bestehende "Lohndiskriminierung" von Frauen habe aber meist andere Ursachen. Typische "Frauenberufe" seien oft niedriger bezahlt, Frauen arbeiteten häufiger in Teilzeit oder verdienten in Mini-Jobs dazu. Dazu komme die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf. "Da müssen wir ran", betonte der Außenminister.
Notwendig seien weiter verbindliche Regelungen, dass Frauen die gleichen Aufstiegschancen wie Männer in Unternehmen erhielten. Mit freiwilligen Lösungen sei dies nicht zu schaffen. Deshalb wolle er Aufsichtsgremien und Unternehmensvorstände verpflichten, mehr Frauen zu berücksichtigen. Dies werde mittelfristig nur funktionieren, wenn mehr Frauen an die Spitze von Hochschulen und Forschungseinrichtungen rückten.
Gleich nach einem Amtsantritt als Kanzler würde Steinmeier Unternehmen, Gewerkschaften und Wissenschaftler an einen Tisch holen. "Vor uns liegen schwere Jahre. Krisenmanagement wird weiter erforderlich sein, aber nicht ausreichen", sagte er. Erforderlich sei deshalb eine schnelle "Weichenstellung für die Arbeit von Morgen". Deutschland habe "riesige Chancen, wenn wir unsere klassischen Stärken als stärkster europäischer Industrie-Standort mit neuen Technologien und Leitmärkten der Zukunft verbinden".
Kohlekraftwerke verteidigt
Er verteidigte die SPD-Pläne für den Bau neuer Kohlekraftwerke. "Ich will, dass wir unseren Strom nicht im Ausland kaufen, sondern bei uns produzieren." Weil der Atomausstieg für ihn richtig bleibe, brauche man für den Übergang auch hochmoderne Kohlekraftwerke. In diesem Punkt unterscheide sich die SPD etwas von den Grünen. "Wir sagen klar: Neue Technologien brauchen klassische Industrie und einen breiten Mittelstand. Deutschland muss ein Land der Produktion bleiben."
"Franz Müntefering und ich sind ein enges, gutes Team", sagte Steinmeier zu einzelnen Spekulationen über Schwächen in der Amtsführung des Parteichefs. Er habe Müntefering selbst gebeten, den SPD-Vorsitz zu übernehmen. "Wir werden in den nächsten 90 Tagen gemeinsam einen sehr kraftvollen Wahlkampf liefern. Da werden sich noch manche wundern, wie viel Kraft in der SPD steckt." Zur gleichen Zeit vor vier Jahren sei der Umfrage-Rückstand der SPD zur Union vor der Bundestagswahl noch viel größer gewesen als jetzt. "Am Tag vor der Wahl haben Merkel und Westerwelle in einem Restaurant in Bonn schon die Ministerposten verteilt. Und dann hat das Volk überraschend entschieden, dass es anders kommt. Ich bin fest überzeugt: Auch diesmal ist nichts gelaufen."
Er bekräftigte seine Position, dass die SPD auch eine "Partei für die neue Mitte" sein müsse. "Damit meine ich die Millionen Leistungsträger in der Mitte der Gesellschaft, die sich anstrengen, um voranzukommen und die neugierig und aufgeschlossen sind für den Fortschritt."
Grüne Technologie entdeckt
Erst kürzlich hatte Steinmeier für einen "massiven Schub bei grünen Technologien" geworben. In fast keinem anderen Land könne der "grüne Aufbruch" so viele Arbeitsplätze schaffen wie in Deutschland, sagte Steinmeier auf einer Konferenz des Bundesumweltministeriums in Berlin. Dort warb er gemeinsam mit dem früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder einen ökologischen Umbau der Wirtschaft.
Deutschland müsse der "Ausrüster der Welt" mit umweltfreundlichen Technologien werden, sagte Steinmeier: "Das ist die Arbeit von morgen." Der globale Strukturwandel sei auch eine Chance für Deutschland. Es dürfe aber nicht der Fehler gemacht werden, klassische Grundstoffindustrien gegen neue Technologien auszuspielen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP