Politik

Überraschungsbesuch Steinmeier in Herat

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat bei einem unangekündigten Besuch in Afghanistan unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen erstmals die im Westen des Landes gelegene Stadt Herat besucht. Der Minister sicherte Afghanistan dabei weitere Unterstützung Deutschlands zu: "Wir stehen an ihrer Seite." Er übergab eine von Deutschland mit acht Millionen Euro instand gesetzte Trinkwasseranlage, die inzwischen 80 Prozent der Stadtbevölkerung Herats versorgt. Sauberes Wasser sei ein wichtiger Beitrag zur Gesundheit der Menschen und zur Reduzierung der Kindersterblichkeit, sagte Steinmeier nach einem Treffen mit Stadtentwicklungsminister Jussuf Paschtun.

Der Außenminister war zum Auftakt seiner viertägigen Afghanistan-Reise mit einem Bundeswehr-Transportflugzeug in Herat gelandet. Es ist der dritte Besuch Steinmeiers in Afghanistan, wo derzeit 3500 deutsche Soldaten stationiert sind. Die Reise nach Herat begründete der Minister auch damit, dass das Bild, das viele von Afghanistan hätten, korrigiert werden müsse. Afghanistan sei nicht nur Kabul und bedeute auch nicht nur Zerstörung und Taliban-Attacken. Afghanistan stehe eben auch für "gelungenen Wiederaufbau", wie er in Herat sichtbar werde. Die Stadt mit ihren schätzungsweise 600.000 Einwohnern gilt als kulturelles Zentrum Afghanistans.

Mit den deutschen Mitteln wurden über die staatliche KfW-Bankengruppe unter anderem zehn Brunnen gebohrt, 24 Kilometer Rohrleitungen verlegt sowie neue Wasserreservoirs und ein Wasserturm gebaut. Nach Angaben von Vertretern der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) zahlen nahezu alle der 33 000 an das Wassersystem angeschlossenen Haushalte Gebühren. Der monatliche Umsatz beläuft sich laut den afghanischen Betreibern auf bis zu 7 Millionen Afghani (etwa 90.000 Euro) monatlich.

Sicherung jahrhundertealter Kulturgüter

Steinmeier diskutierte in einem restaurierten Gewölbesaal in Herats jahrhundertealter Zitadelle mit Wirtschaftsvertretern, Parlamentariern und Mitgliedern der Regionalregierung. Dabei verwies der Gouverneur der Provinz Herat, Sayed Hussein Anwari, auf die hohen Erwartungen der Menschen in Herat. "Wenn wir hier verlieren, verliert auch die internationale Gemeinschaft und auch die afghanische Regierung." Er warb um Unterstützung bei der Errichtung einer Zuckerfabrik und beim Bau einer 40 Kilometer langen Ringstraße um Herat.

Mit Blick auf die Kooperation Deutschlands mit der Aga-Khan-Stiftung in Afghanistan im Kulturbereich sagte Steinmeier, nicht nur Brot und Wasser seien für die Menschen wichtig. Entscheidend sei auch, dass sie wüssten, wo ihre kulturellen Wurzeln lägen. Das Auswärtige Amt unterstützte von 2000 bis 2007 Kulturprojekte in Afghanistan mit 3,6 Millionen Euro. In diesem Jahr wurden die Mittel auf 800.000 Euro verdoppelt. In Herat werden mit Hilfe der Aga-Khan-Stiftung der historische Altstadtkern erhalten und Denkmäler renoviert. In Kabul konnte mit deutscher Unterstützung der 1528 angelegte "Babur"-Garten instand gesetzt werden.

Die viertägige Reise des Ministers, deren weiterer Verlauf aus Sicherheitsgründen zunächst nicht bekanntgegeben wird, dient auch der Vorbereitung der im Oktober anstehenden Bundestagsentscheidung über die Verlängerung des Bundeswehr-Mandates für Afghanistan. Das Kabinett beschloss bereits eine Erhöhung der Obergrenze von derzeit 3500 auf 4500 Soldaten. Dem müssen die Parlamentarier noch zustimmen. Steinmeier wird auf seiner Reise von drei Bundestagsabgeordneten begleitet: Winfried Nachtwei (Grüne), Niels Annen (SPD) und Hellmut Königshaus (FDP).

Quelle: ntv.de

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