Anleihe für den Osten? Streit um Hartz-Vorschlag
06.08.2002, 08:06 UhrMit einer Milliarden-Anleihe will die Hartz-Kommission die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland bekämpfen. Die Anleihe in Höhe von 150 Mrd Euro soll in Großinvestitionen fließen.
Im Rahmen des Solidarpakts II sollen Projekte wie der Großflughafen Berlin-Brandenburg und andere Verkehrsinvestitionen erheblich rascher als geplant umgesetzt werden. Die für die Jahre 2004 bis 2019 geplanten Maßnahmen sollen auf 2003 bis 2005 vorgezogen werden. Für den "Schnellstart" dieser Projekte solle über ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren nachgedacht werden, regt der VW-Manager Peter Hartz an.
Die bis zu 150 Mrd. Euro für das "Job Floater" genannte Wertpapier will der VW-Manager am Kapitalmarkt einsammeln und damit eine Million neue Stellen schaffen. Jeder Erwerbslose bringt dann praktisch Geld an den neuen Arbeitsplatz mit. "Es ist praktisch wie ein Wertpapier oder Gutschein, das der Arbeitgeber bei Übernahme des Arbeitslosen nach der Probezeit über seine Bank einlösen kann, und das ihm wie Eigenkapital als nachrangiges Darlehen zur Einrichtung des Arbeitsplatzes im weitesten Sinne zur Verfügung steht", heißt es in dem Papier. Voraussetzung sei aber, dass das Unternehmen "insgesamt kreditwürdig ist".
Stolpe, Platzeck und die Grünen dafür
Führende ostdeutsche SPD-Politiker begrüßten den Vorstoß. Das Anlagemodell sei geeignet, zusätzliches privates Kapital für Ostdeutschland zu mobilisieren, um Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen, sagte Brandenburgs früherer Ministerpräsident Manfred Stolpe. Auch sein Nachfolger Matthias Platzeck lobte den Hartz-Vorschlag.
Kritisch äußerten sich Stolpe und Platzeck zu den so genannten Mobilitätshilfen. Sie regten eine umgekehrte Mobilitätshilfe an. Die Grünen begrüßten den Vorschlag als "innovatives Konzept" und "Chance für den Arbeitsmarkt im Osten".
Opposition dagegen
Haushaltspolitiker der Opposition nannten die geplante Anleihe dagegen einen "teuren Unsinn", der zudem mit den Defizitkriterien zu kollidieren drohe. Die Bundesregierung bestritt dies und sprach von einer prüfenswerten Idee.
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) wollte sich dazu nicht äußern. Er riet dazu, das Abschluss-Ergebnis der Hartz-Kommission Mitte August abzuwarten.
Der als Wirtschafts- und Arbeitsminister der Union vorgesehene Lothar Späth (CDU) nannte die Vorschläge unseriös und unfinanzierbar. Diese Art der Geldschöpfung sei nichts anderes als eine heimliche Zusatzverschuldung des Bundes, sagte Späth der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, zweifelte die Prognosen der Hartz-Kommission zum schnellen Abbau der Arbeitslosigkeit an. Es sei nicht realistisch, davon auszugehen, in drei Jahren die Arbeitslosigkeit halbieren und eine Million neuer Stellen schaffen zu können, sagte Walter der "Berliner Zeitung". Der Bundesverband deutscher Banken widersprach in der Chemnitzer "Freien Presse" der Einschätzung, mit dem Förderprogramm ließen sich die Strukturprobleme des Osten lösen.
Quelle: ntv.de