"Kein Wenn und Aber" Sunak will Abschiebeflüge nach Ruanda im Sommer starten
22.04.2024, 16:49 Uhr Artikel anhören
Mit dem Ruanda-Gesetz sieht Premier Rishi Sunak Großbritannien nicht im Konflikt mit internationalem Recht
(Foto: picture alliance / empics)
Seinen Wählern hat Großbritanniens Premier Sunak versprochen, alle illegalen Asylbewerber nach Ruanda abzuschieben. Dagegen erlässt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine einstweilige Verfügung. Trotzdem will Sunak mit den Abschiebeflügen starten, sobald das Gesetz verabschiedet ist.
Der britische Premierminister Rishi Sunak hat trotz breiter Kritik angekündigt, dass die umstrittenen Abschiebeflüge nach Ruanda in zehn bis zwölf Wochen starten werden. "Kein Wenn und Aber. Diese Flüge gehen nach Ruanda", sagte der konservative Politiker. Auf einem Flugplatz seien bereits Slots für Chartermaschinen gebucht und 500 Personalkräfte seien ausgebildet worden, um Migranten bis in das ostafrikanische Land zu eskortieren. "Wir sind bereit. Die Pläne stehen. Und diese Flüge werden stattfinden, egal was passiert."
Das Vorhaben gehört zu den Kernprojekten der konservativen Regierung. Vorgesehen ist, alle Asylbewerber, die illegal nach Großbritannien kommen, nach Ruanda zu schicken. Dort sollen sie dann Asyl beantragen. Das afrikanische Land soll im Gegenzug Geld von der Regierung in London erhalten. Die Regierung will damit die Einwanderung eindämmen und so eines ihrer zentralen Wahlversprechen umsetzen.
In den vergangenen Jahren sind Zehntausende Migranten nach Großbritannien gekommen, viele auf der Flucht vor Kriegen und Armut in ihren Heimatländern in Asien, Afrika und im Nahen Osten. Oft nehmen sie den riskanten Weg über den Ärmelkanal in kleinen Booten. Organisiert wird die Überquerung häufig von Schleuserbanden.
Der einzige Flug, der bisher nach Ruanda abheben sollte, wurde per einstweiliger Verfügung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in letzter Minute gestoppt. Später erklärte das oberste Gericht in Großbritannien den Asylpakt für rechtswidrig. Mit dem Ruanda-Gesetz soll dieses Urteil nun ausgehebelt werden. Der Gesetzentwurf steckt derzeit im Verfahren zwischen Unterhaus und Oberhaus fest, das mehrheitlich Bedenken dagegen hat. Sunak wies die Parlamentarier seiner Partei in beiden Häusern jedoch an, so lange zu tagen, bis es verabschiedet ist. Zugeständnisse schloss er dabei aus.
UN sieht Verstoß gegen Menschenrechte
Kritiker halten die Abschiebungen für unmenschlich und bemängeln, Ruanda sei kein sicherer Ort. Das britische Oberhaus hat den sogenannten Ruanda-Plan wiederholt ausgebremst. Sunak erklärte, das Vorhaben dennoch durchzudrücken. Doch selbst wenn ihm das gelingen sollte, könnte er auf juristischen Widerstand stoßen. Unter anderem haben Bürgerrechtsgruppen rechtliche Schritte angekündigt.
UN-Menschenrechtsexperten haben Fluggesellschaften und Luftfahrtbehörden aufgerufen, sich nicht an solchen Programmen zu beteiligen. Menschen nach Ruanda oder in ein anderes Land zu bringen, von wo aus sie womöglich in ihre Heimat zurück gezwungen werden, könne gegen das Recht auf Schutz vor Folter und andere erniedrigende Behandlung verstoßen. "Wenn Fluggesellschaften und Luftfahrtbehörden staatliche Entscheidungen umsetzen, die gegen die Menschenrechte verstoßen, müssen sie für ihr Verhalten zur Verantwortung gezogen werden", teilten die UN-Sonderberichterstatter mit.
Doch Sunak steht unter Druck, denn in der zweiten Jahreshälfte 2024 wird ein neues Parlament gewählt und der Premier hat versprochen, "die Boote zu stoppen". In Umfragen liegen die Konservativen deutlich hinter der sozialdemokratischen Labour-Partei, die erklärt hat, dass sie den Ruanda-Plan kippen wird, sollte sie die Regierung übernehmen.
Quelle: ntv.de, gut/rts/dpa