Politik

Krisentreffen mit Merkel Szydlo bleibt in Tusk-Frage hart

Szydlo besteht auf der Haltung der polnischen Regierung gegen Tusk - wohlwissend, dass sie damit nicht durchkommen wird.

Szydlo besteht auf der Haltung der polnischen Regierung gegen Tusk - wohlwissend, dass sie damit nicht durchkommen wird.

(Foto: REUTERS)

Warschau bleibt dabei: Donald Tusk soll nicht erneut zum EU-Ratspräsidenten gewählt werden. Doch dessen zweite Amtszeit dürfte sich kaum verhindern lassen. Zumal selbst Polens osteuropäische Verbündete für Tusk stimmen wollen.

Kurz vor Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel hat die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo ein Einlenken im Streit um den Posten des Ratspräsidenten ausgeschlossen. Ohne Polens Zustimmung werde es keine Einigung über den Verbleib des bisherigen Ratspräsidenten Donald Tusk in dem EU-Spitzenamt geben, sagte Szydlo.

Merkel bei ihrer Ankunft in Brüssel.

Merkel bei ihrer Ankunft in Brüssel.

(Foto: dpa)

Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte dagegen ihre Unterstützung für Tusk. "Deutschland wird die Wiederwahl von Donald Tusk unterstüzen", sagte sie. Anschließend wollte sie zu einem Gespräch mit Szydlo zusammenkommen. Nach Angaben der Bundesregierung und des amtierenden maltesischen Ratspräsidenten Joseph Muscat gibt es eine sehr große Unterstützung der anderen EU-Regierungen für Tusk. Frankreichs Präsident François Hollande stellte sich ausdrücklich hinter die Wiederwahl Tusks. "Das ist ein Moment, in dem Europa Einigkeit zeigen muss", sagte er in Brüssel. Besonders deutlich wurde die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite: "Wir sind zufrieden mit Tusk. Und wir wollen uns nicht zur Geisel polnischer Innenpolitik nehmen lassen."

"Frage des Prinzips"

Es sei eine "Frage des Prinzips", dass die EU keinen Ratspräsidenten benenne, der nicht die Unterstützung der Regierung seines Heimatlands habe, sagte Szydlo weiter. Polen werde "diese Prinzipien bis zum Schluss verteidigen". Die Länder, die dies nicht verstünden, trügen zur "Destabilisierung" der EU bei, warnte Szydlo. Warschau hatte gedroht, den Gipfel wegen des Streits um Tusk kurzfristig platzen zu lassen.

Die Regierung in Warschau wirft Tusk vor, sich in die polnische Innenpolitik eingemischt zu haben. Sie hatte mit dem Europa-Abgeordneten Jacek Saryusz-Wolski einen Gegenkandidaten aufgestellt. Ob Saryusz-Wolski überhaupt noch im Rennen war, war zu Beginn des Brüsseler Gipfels aber unklar.

Ungarns Regierungschef Viktor Orban sagte, es gebe "keinen neuen Kandidaten" gegen Tusk. Der Europaabgeordnete Jacek Saryusz-Wolski sei "zurückgetreten". Orban sprach von einer komplizierten Situation: "Ich habe viel Energie investiert, um einen Kompromiss, eine friedliche Lösung für diese Situation zu finden", sagte er. "Aber wir waren nicht erfolgreich."

Polen auch in Visegrad-Gruppe isoliert

Die Entscheidung der polnischen Regierung spaltet auch die osteuropäische Visegrad-Gruppe. Polens Partner Tschechien, Ungarn und die Slowakei stellen sich gegen die von der nationalkonservativen PiS-Partei geführte Regierung in Warschau. "Wir unterstützen den Kandidaten der EVP", sagte Orban. Er erwarte die Wiederwahl Tusks. Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka hatte bereits in Prag betont, dass er Tusk unterstütze.

Tusk verbindet eine Intimfeindschaft mit PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski. Dieser wirft dem liberal-konservativen Tusk vor, elementare EU-Regeln zu verletzen. Der Widerstand hat aber auch persönliche Gründe: Kaczynski hält Tusk für einen Flugzeugabsturz im Jahr 2010 "moralisch verantwortlich", bei dem neben mehreren Regierungsmitgliedern auch sein Zwillingsbruder Lech Kaczynski, der damalige Präsident Polens, ums Leben kam.

Der EU-Ratspräsident kann mit einer qualifizierten Mehrheit - und damit gegen den Widerstand Polens - für weitere zweieinhalb Jahre gewählt werden. Szydlo sagte dennoch, ihre Regierung werde nicht akzeptieren, dass "Gewalt" der Vorrang vor Recht gegeben werde.

Als wichtigen Tagesordnungspunkt des Gipfels hob Merkel den Ausbau des Freihandels hervor. Ein entsprechendes Abkommen mit Japan sei weit vorangekommen, auch mit China gebe es in Handelsfragen Fortschritte. Wichtige Themen des Treffens in Brüssel seien auch die wirtschaftliche Entwicklung und die Zusammenarbeit in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Am Abend wollten die Staats- und Regierungschefs auch über die Lage auf dem Westbalkan beraten.

Quelle: ntv.de, mli/AFP/rts/dpa

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