Nur 178 Abgeordnete dafür Taurus-Antrag der Unionsfraktion scheitert
17.01.2024, 19:24 Uhr Artikel anhören
Die Taurus-Marschflugkörper werden gerne als "Bunkerbrecher" bezeichnet.
(Foto: picture alliance / abaca)
Seit Monaten verlangt Kiew von Berlin die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. Als CDU und CSU per Antrag im Bundestag Kanzler Scholz in der Sache Druck machen wollen, wittern eigentliche Taurus-Befürworter aus der Ampel reines parteitaktisches Kalkül. So zerschellt der Antrag.
Der Bundestag hat einen Entschließungsantrag der Unionsfraktion zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine abgelehnt. 178 Abgeordnete stimmten in namentlicher Abstimmung für die Vorlage, 485 dagegen, drei enthielten sich. Die Lieferung der Marschflugkörper mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern wird seit Monaten auch von mehreren Politikern aus der Ampel-Koalition gefordert, insbesondere bei der FDP und den Grünen.
Die Unionsfraktion hatte die Debatte über den Jahresbericht der Wehrbeauftragten für das Jahr 2022 genutzt, um den Antrag einzubringen. Er sollte die Bundesregierung auffordern, "endlich und unverzüglich der Ukraine einsatzbereite Taurus-Marschflugkörper der Bundeswehr in größtmöglichem Umfang bereitzustellen und unmittelbar nachzubeschaffen".
Ablehnung wurde schon im Vorfeld deutlich
Bei der namentlichen Abstimmung hoffte die Union offenbar darauf, dass Befürworter der Lieferung in der Ampel-Koalition sich dem Antrag anschließen. Mit 178 Ja-Stimmen erhielt die Vorlage aber nun auch weniger Unterstützung, als die Unionsfraktion Sitze hat. Sie verfügt im Parlament über 197 Mandate. Die Liste mit dem genauen Abstimmungsverhalten der Abgeordneten sollte noch am Abend veröffentlicht werden.
In Erklärungen machten mehrere Grünen-Abgeordnete und die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die für Taurus-Lieferungen werben, laut "Spiegel" schon im Vorfeld der Abstimmung deutlich, dass sie nicht mit der Union stimmen wollten. Die Grünen-Vertreter warfen der CDU/CSU dem Magazin zufolge parteitaktisches Verhalten vor. Strack-Zimmermann nannte es demnach "geradezu unanständig", den Taurus-Antrag an die Debatte zum Jahresbericht der Wehrbeauftragten zu koppeln.
Bundesregierung lehnt Lieferung bisher ab
Die Taurus-Marschflugkörper haben eine Reichweite von mehr als 500 Kilometern und würden Kiew Angriffe auf Waffendepots und Versorgungslinien erleichtern. Die Ukraine fordert sie schon lange. Die Bundesregierung lehnt die Lieferung bisher ab - auch weil damit Ziele auf russischem Staatsgebiet angegriffen werden können.
Vizekanzler Robert Habeck von den Grünen sagte dazu im Bundestag, es gehe bei Waffenlieferungen an die Ukraine immer darum abzuwägen, "dass Deutschland nicht direkt Kriegspartei wird". Die Bundesregierung unterstütze die Ukraine aber "massiv", unter anderem mit Artilleriemunition.
Vom Marschflugkörper vom Typ Taurus KEPD-350 hat die Bundeswehr ab 2004 insgesamt 600 erhalten. Seit Monaten gibt es ukrainische Forderungen nach Lieferung dieser Waffe. Der fünf Meter lange Marschflugkörper wird von Kampfflugzeugen aus gestartet und kann mit seinem Jetantrieb über 500 Kilometer weit fliegen. Er orientiert sich dabei anhand von Daten über die Geländebeschaffenheit und gleicht seinen Standort über Bild- und Infrarotsensoren sowie GPS-Navigationsdaten ab. Taurus kann dabei feindliches Radar mit hoher Geschwindigkeit in weniger als 50 Meter Höhe unterfliegen.
Beim Aufschlag sprengt eine erste Ladung eine Lücke in Wand oder Decke der Ziele. Durch diese dringt dann ein 400 Kilo schwerer und mit Sprengstoff gefüllter Metallstab ein und explodiert.
Hergestellt wurde der Lenkflugkörper durch die Taurus Systems GmbH. Sie ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Deutschland-Tochter des europäischen Rüstungskonzerns MBDA und Saab Dynamics aus Schweden.
Quelle: ntv.de, mpe/AFP