Politik

Todesopfer nach Raketenbeschuss Tel Aviv erlebt Nacht der Gewalt

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Israel steht in der Nacht unter Beschuss der Hamas: Mehr als 200 Raketen feuern militante Palästinenser aus Gaza. Mindestens drei Menschen sterben. Die israelische Armee reagiert mit den schwersten Luftangriffen seit 2014. Aus dem Gazastreifen werden Dutzende Tote gemeldet.

Bei den bisher schwersten Raketenangriffen auf Israels Küstenmetropole Tel Aviv seit Beginn des Nahostkonflikts sind mindestens drei Menschen getötet worden. Die radikalislamische Hamas hatte in der Nacht zu Mittwoch nach eigenen Angaben erneut Dutzende Raketen in Richtung Israel abgefeuert. 110 Geschosse richteten sich demnach gegen Tel Aviv, 100 weitere gegen die Stadt Beerscheva. Die Attacken seien Antworten auf den Angriff des israelischen Militärs auf ein Hochhaus im Gazastreifen, teilte der bewaffnete Arm der Hamas mit.

Die israelische Armee teilte in der Nacht mit, sie habe in den vergangenen Stunden "eine Reihe wichtiger Terrorziele und Terroraktivisten im Gazastreifen getroffen". Nach Angaben der israelischen Armee wurden mindestens 20 Mitglieder der islamistischen Hamas und des militanten Islamischen Dschihads getötet, darunter hochrangige Vertreter. Die Armee zerstörte in der Nacht zum Mittwoch zwei mehrstöckige Gebäude im Gazastreifen. Darin sollen sich Büros ranghoher Hamas-Mitglieder befinden haben. Die Anwohner der Gebäude waren vor dem Angriff von Israels Streitkräften gewarnt worden.

In der israelischen Stadt Lod bei Tel Aviv, in der Juden und Araber gemeinsam leben, sind ein Mann und ein Mädchen durch Raketen aus dem Gazastreifen getötet worden. Ihr Auto sei von einem Geschoss getroffen worden, teilte die israelische Polizei mit. Das Mädchen sei noch vor Ort gestorben, der etwa 40 Jahre alte Mann sei im Krankenhaus für tot erklärt worden. In der bereits tagsüber besonders schwer beschossenen Küstenstadt Aschkelon waren nach Angaben der israelischen Polizei bereits Stunden zuvor zwei Frauen bei Raketenangriffen getötet worden. Die Zahl der seit Montagabend durch Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen getöteten Israelis stieg damit auf fünf.

Die Hamas werde keinen Rückzieher machen, sagte ein Sprecher der militanten Islamisten im Gazastreifen. "Wenn Israel zuschlägt, schlägt der bewaffnete Widerstand zurück." Israels Luftwaffe reagierte nach eigenen Angaben mit dem umfangreichsten Bombardement des Gazastreifens seit dem Gaza-Krieg von 2014. Palästinensische Quellen sprachen von Dutzenden Toten in dem abgeschotteten Küstengebiet.

Flughafen in Tel Aviv geschlossen

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza stieg die Zahl der seit Montag getöteten Palästinenser auf 35, darunter zwölf Kinder und drei Frauen. 233 Menschen seien verletzt worden. Nach Berichten von örtlichen Medien und Augenzeugen starben einige Kinder durch israelische Luftangriffe, andere durch fehlgeleitete Raketen der Extremisten.

Schäden nach israelischen Luftschlägen in Gaza Stadt.

Schäden nach israelischen Luftschlägen in Gaza Stadt.

(Foto: AP)

Vor der Zerstörung des ersten Gebäudes hatte die Hamas mit einem "harten" Raketenangriff auf Tel Aviv gedroht. Der internationale Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv wurde wegen der Angriffe zeitweise für Landungen und Abflüge geschlossen. Die Flüge wurden nach Zypern umgeleitet. In zahlreichen Ortschaften im Großraum Tel Aviv sowie im Umkreis des Gazastreifens sollen am Mittwoch die Schulen geschlossen bleiben.

Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte, die militanten Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad würden einen hohen Preis für die jüngsten Angriffe auf Israel bezahlen. "Diese Operation wird Zeit brauchen, aber wir werden den Bürgern Israels die Sicherheit zurückbringen." Generalstabschef Aviv Kochavi sagte, man sei fest entschlossen, den militanten Gruppierungen einen harten Schlag zu versetzen.

UN-Sicherheitsrat beruft Dringlichkeitssitzung ein

Bundesaußenminister Heiko Maas verurteilte die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen auf Israel scharf. "Dass es jetzt noch eine derartige Eskalation der Gewalt gibt, ist weder zu tolerieren noch zu akzeptieren", sagte Maas bei einem Besuch in Rom. "Israel hat in dieser Situation das Recht auf Selbstverteidigung." Russland und die USA riefen alle Seiten zur Zurückhaltung auf.

In New York zeigte sich UN-Generalsekretär António Guterres einem Sprecher zufolge sehr besorgt und "zutiefst traurig über die zunehmende Zahl von Opfern". Angesichts der zunehmend entfesselten Gewalt in Nahost soll der UN-Sicherheitsrat am Mittwoch zum zweiten Mal binnen weniger Tage zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen.

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Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern hat sich seit Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan Mitte April zugespitzt. In den vergangenen Tagen hatte es zunächst vor allem in Jerusalem heftige Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften gegeben. Auslöser waren unter anderem Polizei-Absperrungen in der Altstadt sowie drohende Zwangsräumungen von palästinensischen Familien im Viertel Scheich Dscharrah.

In der Stadt Lod kam es dann am Dienstagabend zu schweren Ausschreitungen. Nach Medienberichten schändeten arabische Einwohner eine Synagoge und setzten sie in Brand. Außerdem seien Dutzende Autos in Brand gesetzt und Fenster von Geschäften eingeworfen worden. Der Bürgermeister von Lod sprach im Fernsehen von einem "Bürgerkrieg" in der Stadt und forderte eine sofortige Ausgangssperre. Um für Ruhe zu sorgen, wurden zahlreiche weitere Polizeitruppen in die Stadt geschickt. Auch in den arabisch geprägten Orten Akko im Norden des Landes und in Jaffa bei Tel Aviv kam es zu schweren Zusammenstößen.

Quelle: ntv.de, vmi/ino/dpa/AFP

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