Einsatz in Somalia US-Soldaten auch am Boden
11.01.2007, 09:15 UhrDer US-Einsatz in Somalia ist offenbar umfangreicher als bisher bekannt. Das US-Verteidigungsministerium bestätigte Berichte, wonach Soldaten eines US-Spezialkommandos in Somalia operieren und unter anderem mit äthiopischen Truppen Beweise nach dem Luftangriff vom Sonntag sicherstellen. Es handle sich jedoch lediglich um "eine kleine Zahl" von Soldaten. Nach US-Medienberichten sollen sie vor allem DNA-Proben sammeln, um festzustellen, ob mutmaßliche Topterroristen bei dem Angriff getötet wurden.
Zugleich bestritt die US-Regierung, dass es nach dem Luftangriff vom Sonntag noch zu weiteren Einsätzen amerikanischen Flugzeuge und Helikopter gekommen sei. US-Außenamtssprecher Sean McCormack machte gleichwohl deutlich, dass die USA die Flucht von mutmaßlichen Terroristen aus Somalia verhindern wollten. Er werde aber nicht sagen, wie dies geschehe.
Der "Boston Globe" berichtete unter Berufung auf US-Militärs, amerikanische Spezialeinheiten seien bereits vor zwei Wochen gemeinsam mit äthiopischen Soldaten in Somalia eingerückt. Vor der somalischen Küste kreuzen mehrere US-Kriegsschiffe, um islamische Milizen an der Flucht über das Meer zu hindern. Die USA wollen seit langem verhindern, dass Somalia Zufluchtsort für Terroristen wird.
Auch Äthiopien fliegt Angriffe
Äthiopiens Luftwaffe fliegt nach offiziellen Angaben bereits seit sechs Tagen Luftangriffe gegen mutmaßliche Terroristen in Somalia. Die Islamisten seien allerdings noch nicht vollständig besiegt, die Jagd auf geflohene islamische Milizen werde fortgesetzt, teilte das Informationsministerium in Addis Abeba mit.
Nach Augenzeugen sind bei den Luftangriffen in den vergangenen Tagen mehr als 50 Menschen ums Leben gekommen, unter ihnen viele Zivilisten. Der äthiopische Ministerpräsident Meles Zenawi sprach von acht "Terroristen", die getötet worden seien. Die USA bestätigten lediglich einen eigenen Luftangriff auf mutmaßliche Terroristen am vergangenen Sonntag.
Tod eines Top-Terroristen dementiert
Berichte über den Tod des führenden El-Kaida-Terroristen Fazul Abdullah Mohammed bei dem US-Angriff hat der US-Botschafter in Kenia dementiert. "Fazul Abdullah Mohammed hat wurde weder getötet noch gefangen genommen", sagte Botschafter Michael Ranneberger, der auch für Somalia zuständig ist, in Nairobi. Er schloss zudem aus, dass es bei dem Angriff zivile Opfer gegeben habe.
Mohammed wird als einer der Verantwortlichen für die Anschläge auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania 1998 gesucht, bei denen mehr als 200 Menschen starben. Der 34-Jährige steht auf der Liste der meistgesuchten Terroristen der Bundespolizei FBI. Auf ihn ist ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar ausgesetzt.
Internationale Besorgnis
Der erste amerikanische Militäreinsatz in Somalia seit Beginn der 90er Jahre hatte international Besorgnis ausgelöst. Eine UN-Sprecherin in New York erklärte: "Ungeachtet der Motive der berichteten Militäraktion fürchtet der Generalsekretär (Ban Ki Moon), dass das Vorgehen eine neue Dimension in den Konflikt einbringt und die Feindseligkeiten möglicherweise noch eskalieren lässt."
Für die Bundesregierung erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin, man habe mit Sorge zur Kenntnis genommen, dass auch Zivilisten ums Leben gekommen sein sollen. Ein Sprecher des Außenministeriums in Paris erklärte, die Luftangriffe "machen die Lage in Somalia komplizierter und können die schon sehr großen Spannungen in diesem Land erhöhen".
Zugespitzte Lage in Mogadischu
Nach Angaben von Augenzeugen und somalischen Soldaten vom Mittwoch sollen bei weiteren Luftangriffen nahe der Halbinsel Ras Kamboni an der Grenze zu Kenia erneut zahlreiche Menschen ums Leben gekommen sein. Dort sollen islamische Milizen Zuflucht gesucht haben. Ein Sprecher der somalischen Übergangsregierung dementierte die Berichte.
Unterdessen spitzt sich die Lage in der somalischen Hauptstadt Mogadischu weiter zu. Am Mittwoch riegelten Soldaten der somalischen Übergangsregierung Teile der Stadt ab und gingen von Haus zu Haus, um Waffen zu konfiszieren. Dabei kam es mehrfach zu Schießereien. Über mögliche Opfer wurde zunächst nichts bekannt. Die Soldaten nahmen sich vor allem Viertel vor, in denen Angehörige des Ayr-Clans leben, die eng mit den islamischen Gerichten verbunden sind.
Quelle: ntv.de