Putin stärkt Lukaschenko USA verhängen Sanktionen gegen Belarus
29.05.2021, 04:14 Uhr
Die Strafmaßnahmen richten sich auch gegen das Umfeld des belarussischen Präsidenten Lukaschenko.
(Foto: imago images/ITAR-TASS)
Die Affäre um die Festnahme eines belarussischen Regimekritikers hat weitere Konsequenzen. Nach der EU reagieren auch die USA mit Strafmaßnahmen, die unter anderem das Umfeld von Machthaber Lukaschenko treffen. Der sucht Hilfe bei seinem letzten großen Verbündeten.
Nach der erzwungenen Landung eines Passagierflugzeugs in Minsk und der Festnahme des Regierungskritikers Roman Protassewitsch haben die USA Sanktionen gegen Belarus angekündigt. Die Strafmaßnahmen beträfen neun belarussische Staatsunternehmen sowie ranghohe Verantwortliche im Umfeld des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko, erklärte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki. Zuvor hatte wegen des Vorfalls auch die EU Sanktionen gegen die Führung in Minsk beschlossen.
Psaki bezeichnete die erzwungene Umleitung des Ryanair-Flugzeugs nach Minsk am vergangenen Sonntag und die Festnahme Protassewitschs als "direkten Angriff auf internationale Standards". Die Verhängung zusätzlicher Sanktionen gegen Belarus sei nicht ausgeschlossen, fügte sie hinzu.
Belarus hatte die auf dem Weg von Athen nach Vilnius befindliche Passagiermaschine am Sonntag unter Verweis auf eine angebliche Bombendrohung zur Zwischenlandung in Minsk gedrängt. Anschließend wurden der in der Maschine sitzende Journalist und Regierungskritiker Protassewitsch und seine Partnerin Sofia Sapega festgenommen. Protassewitsch lebte im Exil, unter anderem in Litauen.
Als Reaktion auf den Vorfall hatten die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel am Montag weitere Sanktionen gegen Belarus vereinbart. Dazu gehören eine Sperrung des europäischen Luftraums für Flugzeuge aus Belarus, Sanktionen gegen Verantwortliche für den Vorfall und auch Wirtschaftssanktionen. Dies soll nun in den kommenden Wochen umgesetzt werden.
Die Spannungen zwischen Minsk und dem Westen hatten sich bereits nach der von massiven Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentschaftswahl in Belarus im vergangenen August vertieft. Nach der Präsidentschaftswahl hatte es in Belarus beispiellose Massenproteste gegeben, die Lukaschenko brutal niederschlagen ließ.
Putin stellt sich hinter Lukaschenko
Derweil stärkte Russlands Präsident Wladimir Putin in der Affäre Lukaschenko den Rücken. Bei einem Treffen in der russischen Schwarzmeer-Stadt Sotschi am Freitag stimmte Putin Lukaschenko darin zu, dass die "emotionale" Reaktion des Westens auf den Vorgang überzogen gewesen sei. Lukaschenko warf dem Westen vor, sein Land destabilisieren zu wollen.
Putin verglich den Ryanair-Vorfall mit der Zwischenlandung des Flugzeugs des damaligen bolivianischen Präsidenten Evo Morales 2013 in Wien. Damals habe sich der Westen nicht empört, erklärte Putin. "Der Präsident wurde aus dem Flugzeug geführt, und nichts: Schweigen", sagte er zu Beginn des Treffens mit Lukaschenko.
Morales war damals auf dem Rückweg von Moskau gewesen. Die unplanmäßige Zwischenlandung seines Flugzeugs in Wien hatte Spekulationen genährt, dass der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden an Bord der Maschine und diese deshalb umgeleitet worden sei.
Der letzte starke Verbündete
Das Gespräch Lukaschenkos und Putins dauerte mehr als fünf Stunden; das Ergebnis der Unterredung wurde nicht mitgeteilt. Zu Beginn des Treffens hatten beide Politiker jedoch die engen bilateralen Beziehungen ihrer Länder hervorgehoben. Belarus und Russland arbeiteten daran, eine "Union" aufzubauen, sagte Putin. "Wir bewegen uns voller Zuversicht in diese Richtung, und diese Arbeit bringt unseren Bürgern bereits konkrete Ergebnisse", fügte er hinzu. Im Rahmen der Russischen-Belarussischen-Union kooperieren Moskau und Minsk im Wirtschafts- und Verteidigungsbereich. Der Kreml pocht aber bereits seit längerem auf eine stärkere Integration beider Staaten.
Putin gilt als letzter starker Verbündeter Lukaschenkos. Zwar war das Verhältnis des belarussischen Machthabers zum Kreml in den vergangenen Jahren von großer Volatilität geprägt gewesen. Angesichts der erheblichen Spannungen mit dem Westen suchte Lukaschenko zuletzt aber zunehmend die Nähe zu Moskau. Seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl im vergangenen August traf er sich bereits mehrfach mit Putin.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnte Lukaschenko am Freitag, der demokratische Wandel in Belarus sei nur eine Frage der Zeit: "Keine noch so große Repression, Brutalität oder Zwang" werde Lukaschenkos "autoritärem Regime irgendeine Legitimität verschaffen", erklärte sie. Die EU-Kommission stellte der Bevölkerung in Belarus ein drei Milliarden Euro schweres Wirtschaftspaket in Aussicht, wenn das Land einen demokratischen Kurs einschlägt.
Quelle: ntv.de, hul/AFP