"Russlandpolitik aufarbeiten"Ukrainische Friedensnobelpreisträgerin ermahnt Deutschland

Deutschland gehört zu den felsenfesten Unterstützern Kiews. Dennoch erinnert die ukrainische Friedensnobelpreisträgerin Matwijtschuk an die verfehlte Russlandpolitik und den Bau von Nord Stream trotz deutlicher Warnsignale. Von der Bundesregierung fordert sie den Taurus.
Die ukrainische Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk hat Deutschland dazu aufgerufen, seine Fehler im Umgang mit Russland stärker aufzuarbeiten. Zudem appellierte sie an die Bundesregierung, die Ukraine mit Taurus-Marschflugkörpern zu unterstützen. "Wir leben in Zeiten, die uns alle auf wahre Führung, wahren Mut und wahre Verantwortung prüfen", sagte Matwijtschuk dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) mit Blick auf die nicht erfolgte Lieferung des Taurus. "Ich hoffe, dass Deutschland seine Haltung überdenkt", sagte Majwijtschuk mit indirektem Apell an Bundeskanzler Friedrich Merz. Der hatte als Oppositionschef stets die Taurus-Lieferungen gefordert.
Die russischen Raketen brauchten von russischem Boden weniger als eine Minute, um etwa eine Schule in Charkiw zu treffen, betonte Matwijtschuk. "Der einzige Weg, das zu verhindern, besteht darin, diese Raketen schon auf dem Militärflugplatz in Russland zu stoppen. Dafür brauchen wir den Taurus", sagte sie dem RND.
Ob Deutschland aus seinen Fehlern im Umgang mit Russland gelernt habe, sei eine "gute Frage", sagte Matwijtschuk. "Übergeben wir sie den nationalen Ermittlungsbehörden." Journalistische Recherchen zeigten bereits, "wie Russland die deutsche Elite korrumpierte, um diese Gaspipeline zu bauen". Die russische Regierung habe seit Jahren "nicht nur ihre Bürger, sondern den Frieden insgesamt" bedroht, so Matwijtschuk. "Europa ignorierte das. Auch Deutschland baute die Pipeline und blieb vom russischen Gas abhängig. Das beweist, dass man seine Entscheidungen nicht allein auf wirtschaftliche Vorteile ausrichten darf." Nun werde es auch für Deutschland teuer, sich gegen einen russischen Angriff zu wappnen.
"Zivilisierte Welt hat Russland zu lange gewähren lassen"
Vor 2022 habe Deutschland, wie die "zivilisierte Welt" insgesamt, Russland zu lange gewähren lassen: "Russische Kriegsverbrechen in Tschetschenien, Moldawien, Georgien, Mali, Libyen, Syrien - niemand bestrafte sie", sagte die Nobelpreisträgerin von 2022. "Russland lernte, dass es alles darf. Diesen Fehler würden wir wiederholen, wenn ein Friedensplan Straffreiheit vorsieht", warnte sie angesichts der Verhandlungsvorschläge von US-Präsident Donald Trump.
Matwijtschuk wurde 2022 als Präsidentin ihrer Bürgerrechtsorganisation "Center for Civil Liberties" (CCL) mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Das CCL dokumentiert seit 2014 Kriegsverbrechen in den russisch besetzten Gebieten sowie in russischer Kriegsgefangenschaft. Nach eigenen Aussagen hat es derzeit 90.000 Kriegsverbrechen in seiner Datenbank verzeichnet.