Politik

Gaddafi nach 23 Jahren in Moskau Umfangreiche Rüstungskäufe

Der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi ist zu seinem ersten Besuch nach 23 Jahren in Moskau eingetroffen. Während des bis Sonntag angesetzten Staatsbesuchs, in dessen Mittelpunkt Rüstungskäufe stehen, werde Gaddafi auch mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew zusammentreffen, meldete die Agentur Interfax unter Berufung auf den Kreml.

Nach einem Bericht der Wirtschaftszeitung "Kommersant" ist Libyen bereit, in seinem Hoheitsgebiet auf Wunsch Moskaus eine Basis der russischen Kriegsflotte einrichten zu lassen. Laut Moskauer Medien will Gaddafi auch mit der Ukraine über eine militärische Kooperation verhandeln.

Zwei Milliarden Dollar

Der 66-jährige Gaddafi will den Angaben zufolge Panzer, Flugabwehrraketen und Kampfjets für bis zu zwei Milliarden Dollar (1,55 Milliarden Euro) bestellen. Russland hatte dem ölreichen nordafrikanischen Wüstenstaat Schulden von 4,5 Milliarden Dollar erlassen unter der Bedingung neuer libyscher Waffenkäufe. Beobachter erwarteten aber schwierige Verhandlungen. Bisher habe Tripolis immer nur Interesse an den Waffen bekundet, aber nichts gekauft, schrieb der "Kommersant".

Der russische Außenminister Sergej Lawrow war laut einem Bericht der Agentur Interfax zuversichtlich, dass sich beide Seiten zur Erhöhung der libyschen Verteidigungsbereitschaft auf die Waffenkäufe einigen würden. Bei dem Besuch von Regierungschef Wladimir Putin noch als Kremlchef im April waren die Verträge nicht abgeschlossen worden. Zugleich betonte der Außenminister, dass sich Russland und Libyen bei den Rüstungsverhandlungen an internationales Recht hielten. Nach Aufhebung der Sanktionen gegen das Land gebe es für Russland keine Hindernisse mehr.

Weiterreise nach Minsk

"Libyen muss seine zu Sowjetzeiten und in den vergangenen Jahren gekaufte Technik modernisieren", erklärte Lawrow. Laut einem Bericht der Zeitung "Wremja Nowostej" will Gaddafi nach seinem Treffen mit Medwedew und Putin eine Reihe anderer ehemaliger Sowjetrepubliken besuchen.

Auf dem Plan stehe ein Besuch bei der weißrussischen Führung in Minsk, berichtete das Blatt unter Berufung auf Diplomaten. Zudem wolle der Revolutionsführer mit ukrainischen Rüstungsbetrieben über den gemeinsamen Bau eines Werks zur Herstellung von Kampfhubschraubern in Libyen verhandeln.

Infrastruktur und Energie

Bei Gaddafis Besuch in Russland geht es nach Kremlangaben auch um den Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beider Länder. Russische Unternehmen hoffen auf Zuschläge für den Bau von Autobahnen, Wohnungen und anderen Infrastrukturprojekten in Libyen. Dem "Kommersant" zufolge verhandelt die Russische Staatsbahn RZD seit Monaten mit Tripolis über den Bau einer Schienenverbindung für 2,3 Milliarden Dollar in Libyen. Zudem wollen beide Seiten die Möglichkeit der zivilen Nutzung von Atomenergie erörtern.

Gaddafi will laut dem Bericht als Zugeständnis den Zugang libyscher Erdgasfirmen zu den russischen Vorkommen erreichen. Neben Russland suchen auch die USA und einige EU-Staaten wieder die Nähe zu dem libyschen Staat mit seinen umfangreichen Erdölvorkommen.

Entsch ädigungszahlungen abgeschlossen

Unterdessen hat Libyen nach US-Angaben die gesamte vereinbarte Entschädigungssumme für die Opfer libyscher Terroranschläge gezahlt. Dem Schadensersatzabkommen zwischen den beiden Ländern entsprechend habe Libyen 1,5 Milliarden Dollar (rund 1,18 Milliarden Euro) überwiesen, erklärte US-Außenamtssprecher Sean McCormack.

US-Präsident George W. Bush verfügte demnach, die Auszahlung der Entschädigungen an Opfer und Hinterbliebene libyscher Terroranschläge in die Wege zu leiten. Auch der vereinbarte Schutz vor Zivilklagen könne nun garantiert werden.

Normalisierung der Beziehungen

Durch den Abschluss der Zahlungen sei nun der Weg frei für eine vollständige Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Libyen, hieß es aus dem Weißen Haus weiter. Im August hatten Washington und Libyen ein Abkommen über Schadensersatzzahlungen für Terrorismusopfer aus beiden Ländern unterzeichnet.

Dabei geht es um den Bombenanschlag auf ein Flugzeug der Gesellschaft PanAm 1988 über der schottischen Ortschaft Lockerbie, bei dem 270 Menschen getötet wurden, und den Anschlag auf die Berliner Diskothek La Belle, bei dem 1986 zwei Menschen starben.

Das Abkommen sieht zudem die Zahlung von 300 Millionen Dollar an Libyen vor, mit denen die Opfern von US-Vergeltungsschlägen entschädigt werden sollen. Die Beziehungen zwischen Libyen und den USA waren nach einer 23-jährigen Unterbrechung Anfang 2004 wieder aufgenommen worden.

Quelle: ntv.de

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