Scheuer lehnt Rücktritt ab Untersuchungsausschuss zur Pkw-Maut kommt
15.10.2019, 17:46 Uhr
Hat trotz geplatzter Maut noch "sehr viel Freude" an seinem Amt: Verkehrsminister Scheuer.
(Foto: picture alliance/dpa)
Grüne, Linke und FDP bringen einen Untersuchungsausschuss auf den Weg, der die geplatzte Pkw-Maut unter die Lupe nehmen soll. Im Raum stehen mögliche Schadenersatzforderungen in dreistelliger Millionenhöhe. Die Verantwortung für das Projekt trägt Verkehrsminister Scheuer. Doch der weist alle Vorwürfe zurück.
Ein Untersuchungsausschuss des Bundestags soll das umstrittene Vorgehen von Verkehrsminister Andreas Scheuer bei der geplatzten Pkw-Maut durchleuchten. Die Oppositionsfraktionen von Grünen, Linken und FDP brachten mit der erforderlichen Zahl an Abgeordneten einen Einsetzungs-Antrag auf den Weg, hieß es aus den Fraktionen. Für einen Untersuchungsausschuss ist ein Viertel aller Parlamentarier nötig.
Das Gremium soll die Maut-Vorbereitungen seit dem Start der vorherigen Großen Koalition Ende 2013 überprüfen. Damit rückt auch der Ex-Minister und jetzige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ins Visier. CSU-Politiker Scheuer wies die Vorwürfe der Opposition zurück. "Den Vorwurf, wir würden etwas geheim halten, weise ich zurück", sagte Scheuer in Berlin. Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Mitte Juni "haben wir umfänglich informiert". Auch Rücktrittsforderungen wies Scheuer zurück. Er habe "sehr viel Freude" an seinem Amt und noch viele Pläne.
Der U-Ausschuss soll das Verhalten der Regierung und besonders des Verkehrsministeriums bei der Vorbereitung sowie der Vergabe und der schließlichen Kündigung der Betreiberverträge "umfassend aufklären", heißt es in dem Antrag. Überprüft werden sollen die Vorgänge unter rechtlichen und haushälterischen Gesichtspunkten, dies gelte auch für "die persönlichen und politischen Verantwortlichkeiten und die Aufklärungs- und Informationspraxis" gegenüber dem Parlament. Unter die Lupe genommen werden sollen zudem grundlegende Annahmen der Regierung zur Wirtschaftlichkeit, zu Einnahmen und zur Wirkungsweise der Maut.
Scheuer steht unter Druck, weil er die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut mit den Betreibern Kapsch und CTS Eventim schon 2018 geschlossen hatte, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der EuGH erklärte die Maut Mitte Juni für rechtswidrig. Direkt nach dem Urteil kündigte der Bund die Verträge. Daraus könnten Forderungen der Firmen in Millionenhöhe resultieren. Das Ministerium argumentiert dagegen, es sei in der Pflicht gewesen, die Maut schnell umzusetzen, um erwartete Einnahmen zu sichern.
"Massive und teure Fehlentscheidungen"
FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic sagte, Scheuer habe das Projekt Pkw-Maut zwar nicht alleine zu verantworten. "Er hat aber ohne Not selbst massive und teure Fehlentscheidungen getroffen." Bis heute würden dem Bundestag wichtige Dokumente vorenthalten. Dieses Vorgehen sei eines Ministers unwürdig und müsse durch den Ausschuss aufgeklärt werden. Grünen-Experte Stephan Kühn sagte, das Gremium solle zeigen, welche Kosten auf den Bund zukommen, für die Scheuer die politische Verantwortung trage. "Das sind wir den Steuerzahlern schuldig." Der Linke-Verkehrspolitiker Jörg Cezanne sagte, Scheuer sei weder in der Lage, Schaden abzuwenden, noch willens, an Aufklärung mitzuwirken.
Mit Blick auf den Untersuchungsausschuss versprach Scheuer nun Aufklärung: "Ich werde alles daran setzen, aufzuklären, was noch offen wäre aus der Sicht der Parlamentarier." Er habe dem Parlament bereits zahlreiche Unterlagen zur Verfügung gestellt. Scheuer sagte, er begreife den Untersuchungsausschuss als Chance zur Versachlichung und zur Aufklärung. Das Scheitern der Pkw-Maut sei "sehr unerfreulich" - er ärgere sich darüber am allermeisten. Es fehle Geld für die Straßeninfrastruktur und es sei ein Projekt gescheitert, das notwendig gewesen wäre.
Rückendeckung kam von Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. "Der Stuhl von Herrn Scheuer, der wackelt natürlich nicht", sagte er auf eine entsprechende Frage. Scheuer sei "ein guter Verkehrsminister, der sehr viel bewegt, der sehr innovativ ist". Zugleich betonte Brinkhaus, es sei das grundsätzliche Recht der Opposition, Untersuchungsausschüsse einzuberufen. Das respektiere man.
Der Bundestag muss die Einsetzung des Untersuchungsausschusses noch beschließen. Das Gremium soll dann laut Antrag neun Mitglieder haben - drei der Union, zwei der SPD und je ein Mitglied von AfD, Linke, FDP und Grünen. In dieser Wahlperiode gibt es schon einen U-Ausschuss zum Terroranschlag auf den Berliner Breitscheidplatz. Der Verteidigungsausschuss hat sich zudem als U-Ausschuss konstituiert, um umstrittene Beraterverträge des Ministeriums zu untersuchen. Untersuchungsausschüsse können für ihre Arbeit unter anderem Zeugen laden und Akten anfordern.
Quelle: ntv.de, ftü/dpa