Politik

Debatte über Amok-Gefahr "Waffenrecht scharf genug"

Nach dem Amoklauf von Winnenden ist die Diskussion über politische Konsequenzen entbrannt. Dabei lehnten Politiker und Polizeigewerkschaften eine weitere Verschärfung des Waffenrechts ab. Zugleich widersprachen Lehrerverbände Forderungen nach Zugangskontrollen an Schulen.

"Ich kann überhaupt nicht erkennen, welche wie immer geartete Änderung im Waffenrecht an dem Geschehen etwas geändert hätte", sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Die Vorschriften seien bereits sehr streng. Für den Vorsitzenden des Bundestagsinnenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), ist Deutschland waffenrechtlich "auf der Höhe der Zeit", wie er der "Welt" sagte.

Ähnlich äußerte sich der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach. Nach dem Amoklauf von Erfurt, wo im April 2002 ein 18-jähriger ehemaliger Gymnasiast an seiner alten Schule 16 Menschen erschoss, sei das Waffenrecht weiter verschärft worden. Deutschland habe seither ein im internationalen Vergleich strenges Gesetz. "Offensichtlich ist das aber nicht eingehalten worden", sagte Bosbach bei n-tv. "Würde man jetzt fordern, dass beispielsweise alle Sportschützen und alle Jäger ihre Waffen zentral an einem Ort abgeben, hätten wir quer über die Republik verstreut Waffenarsenale, die wir so sichern müssten wie den Goldschatz von Fort Knox."

"Wenn jemand 15, 16 Waffen hat, dann muss er zunächst einmal erklären, wieso er überhaupt ein solches Waffenarsenal braucht", so der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende weiter. "Normalerweise liegt die Grenze bei drei halbautomatischen Langwaffen und bei zwei Faustfeuerwaffen, also so genannten Pistolen. Für jede darüber hinausgehende Waffe braucht man ein besonderes Bedürfnis."

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering warnte vor voreiligen Schlüssen aus der Tragödie. "Niemand sollte den Eindruck erwecken, hier eine schnelle, pauschale politische Antwort zu haben", sagte Müntefering den "Nürnberger Nachrichten". Der SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier fand es am Rande der Leipziger Buchmesse "nicht angemessen, dass wir 10 bis 20 Stunden nach dem Ereignis so tun, als hätten wir die Rezepte in der Hand, die das verhindern". Klar sei jedoch, dass eine große Verantwortung für das Verhalten der Kinder in deren Familien liege.

Die Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir forderten, die Einhaltung der Waffengesetze besser zu kontrollieren und eine weitere Verschärfung des Gesetzes zu prüfen. Die Innenexpertin der Partei, Silke Stokar, verlangte ein nationales Waffenregister, in dem alle Waffenbesitzer festgehalten werden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach sich für technische Zugangskontrollen an Schulen aus. Wie bei großen Betrieben könne etwa eine Chipkarte Voraussetzung für den Zutritt sein, sagte GdP-Chef Konrad Freiberg dem NDR. Bei Lehrerverbänden stieß die Forderung nach Videoanlagen, Eingangskontrollen und Metalldetektoren in Schulen auf Kritik. Der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, sagte: "Das sind Vorschläge von Personen, die schon lange keine Schule mehr von innen gesehen haben." Auch Politiker warnten parteiübergreifend davor, Schulen zu "Hochsicherheitstrakten" oder "Festungen" auszubauen.

Quelle: ntv.de

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