Arbeitsminister im ntv Frühstart "Weniger Kaufkraft": Heil warnt vor Rentenkürzung
22.10.2024, 09:33 Uhr Artikel anhören
Die Arbeitgeberverbände sehen im Rentenpaket der Ampel-Regierung ein Wachstumsrisiko. Arbeitsminister Heil hält das für falsch und lehnt Eingriffe bei der Rente ab. In der Wirtschaft will er jetzt mehr Tarifbindung durchsetzen.
Vor dem Arbeitgebertag in Berlin hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil die Kritik aus der Wirtschaft an seinen Rentenplänen zurückgewiesen. Das Rentenniveau dürfe nicht absacken, so der SPD-Politiker im ntv Frühstart. Andernfalls hätten jetzige und künftige Rentner weniger Kaufkraft als die Arbeitnehmer. "Jeder, der jetzt sagt, da müsse man kürzen oder das Rentenniveau abstürzen lassen, der wird dafür sorgen, dass Arbeitnehmer das alleine zahlen müssen."
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hatte Heil vorgeworfen, mit dem geplanten Rentenpaket die Sozialabgaben in die Höhe zu treiben und damit Wirtschaftswachstum zu gefährden. Der SPD-Politiker entgegnete, die Renten dürften sich nicht von den Löhnen abkoppeln. Das werde man nicht zulassen. "An dieser Stelle geht es tatsächlich darum, dass die gesetzliche Rente für alle Generationen verlässlich bleibt."
Auch die sogenannte Rente mit 63 müsse beibehalten werden, forderte Heil. "Wer 45 Versicherungsjahre voll hat, der muss auch abschlagsfrei in Rente gehen können." In vielen Bereichen wie der Pflege oder im Handwerk könnten Menschen nicht so lange arbeiten. Auch eine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters lehnte Heil kategorisch ab. Dies wäre in vielen Berufen nichts anderes als eine Rentenkürzung. Stattdessen werde die Regierung flexiblere Möglichkeiten für die Lebensarbeitszeit schaffen.
Heil forderte mehr Ausgaben für den Wirtschaftsstandort Deutschland. "Wir sind immer noch eine der stärksten Volkswirtschaften der Welt, aber wir müssen jetzt in die Zukunft investieren." Man müsse vor allem dafür sorgen, dass Energie bezahlbar bliebe, so der Minister. Dafür brauche es wettbewerbsfähige Industriestrompreise in Deutschland. Zudem gehe es um die Arbeits- und Fachkräftesicherung und den Erhalt der industriellen Basis, insbesondere in der Automobil- und in der Grundstoffbranche.
"Tariftreuegesetz kommt"
Trotz schrumpfender Wirtschaft rechnet Heil dem Vernehmen nach nicht mit deutlich steigenden Arbeitslosenzahlen. Die schwache Konjunktur gehe zwar nicht spurlos am Arbeitsmarkt vorbei, es gebe aber eine widersprüchliche Entwicklung: In einigen Bereichen fehlten Arbeits- und Fachkräfte, in anderen würden Jobs abgebaut. "Aber ich bin mir sicher, dass wir ein Industrieland bleiben, wenn wir die Entscheidungen gemeinsam mit der Wirtschaft treffen."
Das umstrittene Tariftreuegesetz der Ampel-Koalition werde am heutigen Dienstag den nächsten Schritt nehmen, kündigte Heil an. Es werde den Bundesländern und Fachverbänden zugeleitet. "Das Gesetz kommt, denn das Gesetz ist auf dem Weg, es ist vereinbart." Mit der Reform will Heil erreichen, dass staatliche Aufträge, zum Beispiel auf dem Bau, nur noch an Firmen vergeben werden dürfen, die nach Tarifvertrag zahlen und arbeiten lassen.
Kritik aus der Wirtschaft wegen neuer Auflagen durch das Gesetz wies Heil zurück. Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter anständig bezahlten, dürften bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht benachteiligt werden, so der SPD-Politiker. "Das ist auch eine Frage des fairen Wettbewerbs." Man vereinfache zudem gerade gleichzeitig das Vergaberecht.
Quelle: ntv.de, psc