Deutschland im Sicherheitsrat isoliert Westerwelle begeht "historischen Fehler"
21.03.2011, 12:09 UhrDie Kritik von Teilen der Union und der Opposition an der deutschen Enthaltung bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat zu Libyen reißt nicht ab. Deutschland habe sich international isoliert und Außenminister Westerwelle habe einen historischen Fehler begangen.
Der CDU-Politiker und frühere Verteidigungs-Staatssekretär Friedbert Pflüger hat die deutsche Stimmenthaltung im UN-Sicherheitsrat zu Libyen als schweren Fehler kritisiert. Rhetorisch setze sich Deutschland für eine gemeinsame europäische Außenpolitik ein, "nun im konkreten Fall entscheidet man sich für einen Sonderweg", sagte Pflüger der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Dies sei unverständlich.
Pflüger wies darauf hin, dass eine deutsche Zustimmung im Sicherheitsrat zu der Resolution gegen Libyen nicht automatisch auch einen Kampfeinsatz deutscher Soldaten bedeutet hätte. Die Bundeswehr hätte zum Beispiel auch Unterstützungsaufgaben wie die Luftaufklärung mit Awacs-Flugzeugen übernehmen können. Jetzt sei die EU wegen des Verhaltens der Bundesregierung international nicht handlungsfähig.
Von einem historischen Fehler der Bundesregierung sprach der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Klaus Naumann. "Deutschland hat zum ersten Mal seit 1949 einen Alleingang gewagt - und sich selbst international isoliert", sagte Naumann dem "Handelsblatt". Die Weigerung Deutschlands, die Einrichtung einer Flugverbotszone zum Schutz der Zivilbevölkerung in Libyen zu Unterstützen, rüttele an der Verankerung Deutschlands im Westen und "dient somit nicht der Wahrung deutscher Interessen".

Deutschland hätte den Einsatz auch nicht-militärisch unterstützen können, meinen Westerwelles Kritiker.
(Foto: dpa)
Auch der außenpolitische Sprecher der Union, Philipp Mißfelder, setzte sich von Westerwelles Politik ab. Auf die Frage, ob er glücklich mit der deutschen Enthaltung sei, sagte Mißfelder vor dem CDU-Präsidium: "Der Minister hat seine Entscheidung getroffen. Der Minister hat seinen Botschafter in New York angewiesen. Er vertritt diese Entscheidung auch." Auf die Bemerkung eines Journalisten, dass dies nicht gerade nach Unterstützung für Westerwelle klinge, sagte Mißfelder: "Das muss der Minister mit sich selbst ausmachen."
Westerwelle sieht sich bestätigt
Westerwelle sieht stattdessen in der Kritik der Arabischen Liga an dem Militäreinsatz die Skepsis der Bundesregierung bestätigt. Die Äußerungen der Arabischen Liga zeigten, dass die Bundesregierung Gründe für ihre Bedenken gehabt habe, sagte Westerwelle vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel zur Lage in Libyen. Dass sich die Arabische Liga "mittlerweile sehr skeptisch" über den Einsatz äußere, werde auch von den EU-Außenministern sehr genau gesehen. Der Chef der Arabischen Liga, Amr Mussa, hatte kritisiert, die Bombardierungen entsprächen nicht dem Ziel, eine Flugverbotszone durchzusetzen. Laut Westerwelle müsse Gaddafi den Krieg gegen sein eigenes Volk beenden und abtreten.
Arabische Liga wechselt Aussagen
Zuvor hatten SPD, Grüne und Teile der Union die deutsche Enthaltung bei der UN-Resolution zu Libyen kritisiert. "Man hätte die Bedenken durch einen Resolutionsanhang zum Ausdruck bringen können", sagte Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin im ZDF. "Man hätte sich nicht enthalten müssen." Die UN-Resolution sei richtig, der Militäreinsatz aber "nicht zu Ende gedacht". Der Westen stehe nun "am Anfang eines langen militärischen Engagements", sagte Trittin. Noch nie sei ein Ziel nur durch Luftschläge erreicht worden.
Zugleich kritisierte der Grünen-Fraktionschef die Haltung der Arabischen Liga als doppeldeutig, weil sie sich zunächst für ein Flugverbot eingesetzt hatte, nun aber Kritik am Militäreinsatz übt. Dies sei Ausdruck von Interessenslagen in der Arabischen Liga. Dort habe ein Großteil der Despoten offene Rechnungen mit dem libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi zu begleichen, zugleich aber Angst vor dem eigenen Volk.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP