Proteste gegen Ukraine-Krieg Widerstand in Russland: "Ich werde nicht still sein"
03.03.2022, 11:13 Uhr
Zehntausende Menschen protestieren in Russland gegen den Krieg, den ihr Präsident in der Ukraine begonnen hat. Die Polizei nimmt Tausende Demonstrierende fest. "Sie versuchen, uns einzuschüchtern", erzählt eine Teilnehmerin. Trotzdem macht sie weiter.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat Demonstrationen gegen den Krieg in der Ukraine in seinem Land verboten. Gegen diejenigen, die sich doch auf die Straße wagen, geht die Polizei brutal vor. Tausende Menschen hat sie bereits festgenommen. Auch die 27-jährige Katya.
"Sie haben versucht, uns einzuschüchtern, uns gefragt, von wem wir bezahlt werden, sie wollten unsere Telefone durchsuchen", berichtet die Studentin gegenüber ntv.de. "Sie haben uns vorgeworfen, dass wir unser Mutterland betrügen und dass wir alle Verräter sind."
Am Sonntag habe sie auf dem Arbat, einer Straße im historischen Zentrum Moskaus, demonstriert, als sie von Kräften der Polizei und der Spezialeinheit Omon gestoppt und gezwungen wurde, in einen Transporter zu steigen. Zusammen mit 23 weiteren Menschen sei sie acht Stunden auf der Polizeiwache festgehalten und befragt worden. Schließlich durfte sie gehen, eine Geldstrafe stehe noch aus.
Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation OVD-Info wurden allein am Sonntag bei Anti-Kriegs-Protesten in ganz Russland mehr als 2000 Menschen festgenommen. Seit Kriegsbeginn sollen es insgesamt fast 7000 sein. Nicht nur bei Demonstrationen zeigt sich das Aufbegehren vieler Russen. Eine Online-Petition gegen den Krieg in der Ukraine fand rund eine Million Unterstützer. Weitere Petitionen und offene Briefe richten sich gegen den Kurs der russischen Regierung.
"Viele Menschen verlassen Russland gerade"
Doch diejenigen, die offen Widerstand leisten, haben Angst, berichtet Katya. Schließlich wisse man, wie die Regierung gegen Oppositionelle vorgeht. Sie selbst hat in der Vergangenheit nach eigenen Angaben Wahlkampagnen oppositioneller Politiker unterstützt. "Viele Menschen verlassen Russland gerade - wir wissen nicht, was der nächste Schritt von Putin und seiner Regierung sein wird." Ob sie sich selbst sicher fühlen kann, weiß Katya nicht. Manchmal so, manchmal so, meint sie. Also macht sie weiter. "Meine Stimme ist die einzige Waffe gegen diese Aggression. Ich habe diesen Krieg nicht gewählt und ich werde nicht still sein."
Den Krieg gegen die Ukraine nennt sie ein "Verbrechen gegen die Freiheit und die Menschlichkeit", ihre Regierung bezeichnet ihn als "Befreiungsaktion". Das sei das Furchtbare, meint die 27-Jährige: "Viele Menschen verstehen die Lage nicht." Natürlich gebe es diejenigen, die Putin unterstützten. "Ich denke aber, das ist teils wegen Angst und Propaganda", meint Katya. "Wir sehen, dass die Propaganda funktioniert." Ein anderer Teil der Menschen versuche, die Augen zu schließen und weiterzuleben, als wäre alles in Ordnung.
Katya weiß, sie kann nicht für alle Russen sprechen, nur für sich und die Menschen in ihrem Umfeld. Und für sie sei klar: "Unsere Leute wollen nicht gegen die Ukrainer kämpfen. Wir wollen Frieden."
Quelle: ntv.de