Doch kein WM-Babyboom Wir sind wieder mehr
12.12.2007, 16:35 UhrDie steigende Zahl von Geburten ist nach Einschätzung von Bundesregierung und Wissenschaft ein Ergebnis der Familienpolitik in der großen Koalition. Der Zuwachs bei den Kinderzahlen in Deutschland zeige, "dass Mittel wie das Elterngeld greifen und gerade jungen Leuten Perspektiven bieten", sagte Bundesfamilienminister Ursula von der Leyen (CDU).
Der Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, Reiner Klingholz, erklärte, das Elterngeld biete nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch einen Anreiz, möglichst schnell ins Berufsleben zurückzukehren. "Das ist genau das, worauf die potenziellen Eltern gewartet haben."
In den ersten neun Monaten des Jahres sind laut Statistischem Bundesamt erstmals seit 1997 wieder mehr Kinder als im Vorjahr auf die Welt gekommen - insgesamt erblickten in Deutschland 514.000 Babys das Licht der Welt, etwa ein Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. In den vergangenen zehn Jahren waren die Geburtenzahlen stetig gesunken. Eine Umfrage in den einzelnen Bundesländern zeigte vor allem in Ostdeutschland deutliche Zuwächse.
So verzeichnete etwa Berlin im ersten Halbjahr ein überdurchschnittliches Plus von 4,6 Prozent, in Thüringen und Sachsen kamen bis August 3,8 Prozent mehr Kinder auf die Welt als 2006. Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen registrierten hingegen sinkende Geburtenraten. Aber auch einige westdeutsche Kreißsäle meldeten mehr Nachwuchs: So kletterte im Saarland und in Hessen die Zahl der Neugeborenen um 2,3 beziehungsweise 2,0 Prozent.
Kein WM-Boom
Die Vermutung, dass die Euphorie der Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Sommer für einen Baby-Boom gesorgt haben könnte, scheint sich nicht zu bestätigen. Nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamts gab es im März - neun Monate nach der WM - sogar weniger Geburten als im entsprechenden Vorjahresmonat. Auch Klingholz hält die These eines WM-Babybooms für "sehr gewagt" - schon allein, weil im Winter tendenziell mehr Kinder gezeugt würden als im Sommer.
Ursache für den Trend ist nach Einschätzung des Wissenschaftlers eher die veränderte Familienpolitik. Während die skandinavischen Länder schon vor Jahrzehnten auf die wachsende Zahl berufstätiger Mütter reagiert hätten, sei Deutschland "mit 35 Jahren Verspätung auch auf den Trichter gekommen", sagte Klingholz. Defizite gebe es aber noch immer bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, weshalb die Bundesregierung nicht vom geplanten Krippenausbau abrücken dürfe. "Wenn der jetzt ausbliebe, würde ich vermuten, dass es doch nur ein Strohfeuer ist."
Quelle: ntv.de