"CDU-Positionen aufgegeben" Wirtschaftsflügel gegen Merkel
05.08.2008, 08:51 UhrWenige Wochen vor der Landtagswahl in Bayern streitet die Union über ihr wirtschaftspolitisches Profil in der großen Koalition. Kritik des Vorsitzenden der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung, Josef Schlarmann, wurde von Fraktionsmitgliedern und der Parteispitze zurückgewiesen. Schlarmann warf Merkel vor, Kernpositionen der Partei aufgegeben und das wirtschaftspolitische Profil der Partei verwässert zu haben. Auch die Junge Union in Bayern blies zur Attacke gegen Merkel und hielt der CDU-Vorsitzenden vor, sich einer Entlastung der Bürger zu verweigern.
"Frau Merkel hat nach und nach viele christdemokratische Positionen aufgegeben und sich als Kanzlerin stärker mit der Politik der großen Koalition identifiziert", sagte Schlarmann dem "Handelsblatt". Für den Bundestagswahlkampf könne dies für sie zum Problem werden, um glaubwürdig für eine bürgerliche Koalition zu werben. Die Unzufriedenheit an der Basis sei deshalb so hoch, weil das wirtschaftspolitische Profil der Union immer weniger zu erkennen sei.
"Überzogene Kritik"
Der Vorsitzende der bayerischen Jungen Union, Stefan Müller, zeigte Unverständnis über Merkels Weigerung, dem CSU-Vorschlag zur Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale ab dem nächsten Jahr zu folgen. Die Kanzlerin sei gut beraten, sich dieser Forderung anzuschließen, schreibt Müller in einem Brief an Mandatsträger. Es gehe um das Profil der Union. "Bürgerliche Politik heißt eben nicht, den Menschen möglichst viel abzunehmen, um es dann anschließend umzuverteilen."
Bei Sozial- und Wirtschaftsexperten der Fraktion stieß Schlarmanns Attacke auf Ablehnung. "Ich halte das für eine ganz überzogene Kritik, denn die Kanzlerin steuert einen Kurs der Mitte", sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU-Sozialausschüsse (CDA), Gerald Weiß. Merkel müsse wirtschaftliche Interessen ebenso im Auge behalten wie die Interessen der breiten Schichten der Arbeitnehmer. "Und dies tut sie auch." Anliegen beider müsse sein, Arbeit in Deutschland wettbewerbsfähig zu halten. Dem habe die Regierung mit der Senkung des Arbeitslosenbeitrags Rechnung getragen.
Persönliche Angriffe
Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand, Michael Fuchs, sprach von einer für ihn nicht akzeptablen "Pauschalkritik" Schlarmanns. In einer großen Koalition lasse sich nicht "CDU pur" machen, merkte er in der "Frankfurter Rundschau" an. "Herr Schlarmann sollte kein Sommerloch-Thema aufmachen, sondern lieber mithelfen, dass wir nächstes Jahr die Bundestagswahl gewinnen." Aus der Parteispitze hieß es, Schlarmann blende die Erfolge der Koalition aus. Die Arbeitslosigkeit sinke, die Sanierung des Haushalts verlaufe erfolgreich und die Lohnzusatzkosten seien unter 40 Prozent.
Schlarmann, der Mitglied im CDU-Vorstand ist, hat bereits mehrfach die aus seiner Sicht fehlende wirtschaftsfreundliche Ausrichtung der CDU kritisiert und dabei Merkel persönlich angegriffen.
Quelle: ntv.de