Nach Koran-Verbrennung Zehn UN-Mitarbeiter getötet
01.04.2011, 17:13 Uhr
Zu wütenden Protesten kam es auch in Herat.
(Foto: dpa)
Bei einem Angriff wütender Demonstranten auf das UN-Hauptquartier im nordafghanischen Masar-i-Scharif sind zehn Menschen getötet worden. Wie die Polizei mitteilte, handelte es sich bei den Todesopfern um ausländische Mitarbeiter der Vereinten Nationen.
Die Demonstranten protestierten gegen die vor knapp zwei Wochen erfolgte öffentliche Verbrennung eines Koran-Exemplars in einer Kirche in Florida. Der Sprecher der UN-Mission in Afghanistan (Unama), Don McNorton, sagte in Kabul, es habe "einen Vorfall in unserem Büro in Masar-i-Scharif" gegeben. "Wir sind dabei, die Fakten zu überprüfen", sagte McNorton.
Deutsche Soldaten nicht betroffen
Deutsche Soldaten sind nach Angaben eines Sprechers des Einsatzführungskommandos in Potsdam nicht betroffen. Die Bundeswehr trägt die militärische Verantwortung für Nordafghanistan und hat bei Masar-i-Scharif ihr Hauptquartier. Im dortigen Feldlager sind knapp 3300 deutsche Soldaten und Tausende Soldaten anderer Nationen stationiert.
Proteste in Kabul
In der afghanischen Hauptstadt Kabul zogen rund 200 Protestierende nach dem Freitagsgebet zur US-Botschaft. Sie zündeten dabei eine US-Flagge an und riefen "Tod Amerika"."Die Rede eines Mullahs hat die Leute zur Demonstration ermutigt wegen der Verbrennung eines Korans in den USA", sagte einer der Demonstranten. Die Proteste richteten sich auch gegen die Pläne der USA, langfristig Stützpunkte in Afghanistan zu unterhalten.
Vor knapp zwei Wochen hatte ein Pastor in Gainesville im US-Bundesstaat einen "Prozess" gegen die Heilige Schrift des Islam inszeniert, in dessen Verlauf eine "Jury" den Koran für "schuldig" befand und zur "Hinrichtung" durch Verbrennung verurteilte. Daraufhin wurde ein mit Kerosin getränktes Exemplar im Zentrum der Kirche angezündet.
Niebel beendet Afghanistan-Besuch

Entwicklungshilfeminister Niebel (3.v.l.) gedenkt in Kundus der gefallenen Soldaten am Ehrenhain im Feldlager.
(Foto: dapd)
Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel schloss derweil seinen viertägigen Afghanistan-Besuch ab. Am letzten Tag besuchte der FDP-Politiker Kundus, das zu den gefährlichsten Einsatzorten für die Bundeswehr und für deutsche Entwicklungshelfer in Nordafghanistan gehört. Niebel zollte den Entwicklungshelfern, Soldaten und Polizisten für ihr Engagement "Lob und Anerkennung". Sie leisteten "hervorragende Arbeit unter schwierigsten Bedingungen", sagte Niebel.
Niebel besuchte ein deutsches Brückenbauprojekt im Unruhedistrikt Char Darah in der Provinz Kundus, das nach Angaben seines Ministeriums wegen Verzögerungen auf der afghanischen Seite nicht vorankommt. Der Besuch sei ein politisches Signal an die Provinzregierung gewesen, dass man konkrete Fortschritte erwarte, hieß es. "Nur wenn wir durch zügigen Baufortschritt das Vertrauen der afghanischen Bevölkerung in unsere Zusagen erhalten und stärken, nur dann können wir auch zur Stabilität und zur Verbesserung der Sicherheitslage in der Region beitragen."
Am Donnerstag war Niebel in der Hauptstadt Kabul mit Präsident Hamid Karsai zusammengekommen. Zuvor hatte der Minister die afghanische Regierung zu einem stärkeren Kampf gegen die ausufernde Korruption im Land aufgerufen. In Kabul traf Niebel auch den Kommandeur der Internationalen Schutztruppe ISAF, US-General David Petraeus. Beide waren sich einig gewesen, "dass dem zivilen Wiederaufbau eine zentrale Bedeutung zukommt für die Zukunft Afghanistans".
Anschläge auf NATO-Depo in Pakistan
Unterdessen hat es im pakistanischen Grenzgebiet Anschläge auf Lastwagen der NATO gegeben, die von Pakistan aus Treibstoff an die internationalen Truppen in Afghanistan liefern. Die NATO-Lkw fahren über den Khyber-Pass ins Nachbarland.
Wie Vertreter der Grenzstadt Landi Kotal in der unruhigen Khyber-Region mitteilten, wurden an einer Verladestation für NATO-Tanklastwagen drei pakistanische Wachmänner enthauptat aufgefunden. Die Angreifer hätten auch zehn Tanklastwagen zerstört, sie seien aber leer gewesen, daher habe es keine Explosionen gegeben. Zwar bekannte sich zunächst niemand zu den Morden, die Behörden machten aber bewaffnete Islamisten für die Vorfälle verantwortlich.
Quelle: ntv.de