Politik

Vor türkischer Grenze gefangen Zehntausende Syrer fliehen vor IS-Angriffen

Syrische Flüchtlinge - fotografiert im Februar - warten am Rande von Asas an der Grenze zur Türkei.

Syrische Flüchtlinge - fotografiert im Februar - warten am Rande von Asas an der Grenze zur Türkei.

(Foto: REUTERS)

Im Norden Syriens dringen IS-Kämpfer in ein strategisch wichtiges Rebellengebiet vor. Zehntausende Zivilisten flüchten vor den Kämpfen. Auch im Irak versuchen sich Tausende Menschen vor der Terrormiliz in Sicherheit zu bringen.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ist bei Angriffen in Nordsyrien in ein strategisch wichtiges Rebellengebiet vorgerückt. Die Extremisten nahmen nahe der Stadt Asas an der Grenze zur Türkei mehrere Orte ein, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und Aktivisten berichteten. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) flohen Zehntausende Menschen vor dem IS und sind nun in der Region um Asas eingeschlossen. Den Rebellen droht dort ein totaler Zusammenbruch. Auch im Irak fliehen Tausende aus der IS-Hochburg Mossul. Helfer berichten, dass die Menschen so verzweifelt seien, dass sie nach Syrien ins IS-Gebiet fliehen, um von dort in die von Kurden kontrollierte syrische Provinz Hassaka zu gelangen.

  Nach HRW-Angaben flohen in den vergangenen Tagen rund 45.000 Menschen vor den heranrückenden Kämpfern der Islamistenmiliz. Insgesamt sind demnach in der Region um Asas 165.000 Vertriebene eingeschlossen. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) sprach dagegen von rund 100.000 Flüchtlingen. "Es gibt keinen Zufluchtsort für die Menschen, während die Kämpfe immer näher kommen", sagte Pablo Marco, ein lokaler MSF-Leiter.

Die Kleinstadt Asas liegt in der Provinz Aleppo.

Die Kleinstadt Asas liegt in der Provinz Aleppo.

(Foto: dpa)

Asas liegt in der Nähe eines von Rebellen kontrollierten Grenzübergangs zur Türkei. Die mit dem IS verfeindeten Regimegegner hatten in der Region bereits im Frühjahr Territorium verloren und kontrollierten hier zuletzt nur noch eine Enklave. Aktivisten meldeten, diese sei nun vom IS in zwei Teile gespalten worden. Umgeben ist die Enklave im Osten vom IS und im Westen von Kurden-Einheiten.

Weg in die Türkei versperrt

Da die Türkei die Grenze seit mehr als einem Jahr für Syrer weitgehend geschlossen hält, können Flüchtlinge nicht ins Nachbarland. Helfer aus der Region berichteten, einige Syrer flüchteten Richtung Westen in das von Kurden kontrollierte Gebiet um den Ort Afrin. Die Kurdenmiliz YPG habe die Zugangsstraße dorthin am Nachmittag aber geschlossen.

Nach Berichten der Menschenrechtsbeobachter nahmen IS-Kämpfer an diesem Freitag unter anderem den Ort Kildschibrin ein. Zudem lieferten sie sich heftige Kämpfe mit Regimegegnern am Stadtrand von Marea. Mindestens 30 Rebellen und 11 IS-Kämpfer seien getötet worden.

Krankenhaus geräumt

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen evakuierte nach eigenen Angaben ein nahe der türkischen Grenze gelegenes Krankenhaus in Al-Salama. Nur wenige Ärzte und Helferinnen blieben zurück. "Wir mussten die meisten unserer Patienten und Mitarbeiter aus dem Krankenhaus entlassen, da die Frontlinie so nah gekommen ist", sagte Pablo Marco.

Weiter östlich steht der IS hingegen unter Druck. Ein von der Kurdenmiliz YPG geführtes Bündnis hatte am Dienstag eine Offensive gegen die Dschihadisten im Norden der IS-Hochburg Rakka gestartet. Luftangriffe der von den USA geführten Koalition unterstützen sie. Die YPG ist der syrische Ableger der verbotenen türkischen Arbeiterpartei PKK.

Tausende Iraker fliehen nach Syrien

Im Irak sind derweil Tausende Menschen aus der IS-Hochburg Mossul nach Syrien geflohen. Vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hieß es, alleine im Mai seien es bisher mehr als 4200 Menschen. Man bereite sich auf bis zu 50.000 vor.

"Das muss man sich klarmachen, wir haben Flüchtlinge, die nach Syrien fliehen", sagte eine UNHCR-Sprecherin. Dies zeige, wie verzweifelt diese Menschen seien. Grund seien offenbar Berichte über die Hinrichtung von Männern und Jungen durch den IS in Falludscha. Dort hatte die irakische Armee mit Unterstützung von US-Luftangriffen am Montag eine Offensive begonnen. Der Sprecher der US-Armee im Irak, Steve Warren, erklärte, dass seitdem mehr als 70 IS-Kämpfer getötet worden seien. Darunter war demnach auch der lokale Kommandeur der Terrormiliz, Maher al-Bilawi.

Es wird erwartet, dass die Armee in den kommenden Monaten auch Mossul angreift, die faktische Hauptstadt des IS im Irak. In Mossul wohnten früher zwei Millionen Menschen. Wie viele seit der Machtübernahme des IS im Januar 2014 dort noch leben, ist unklar.

US-Schätzungen zufolge sollen sich in Falludscha zwischen 500 und 700 IS-Kämpfer verschanzt haben. Die Gefechte haben die Sorge um die eingeschlossene Bevölkerung verstärkt. Bislang hätten es nur 800 Menschen geschafft, aus der Stadt zu fliehen, sagte die UNHCR-Sprecherin. In Falludscha sollen insgesamt noch 50.000 Menschen leben.

Quelle: ntv.de, hul/dpa/rts

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