Politik

Merkel in Afghanistan Zwischenfall beim Flug

Wenige Tage vor den Beratungen des Bundestages über die Ausweitung des umstrittenen Afghanistan-Mandats hat Bundeskanzlerin Angela Merkel überraschend und unter schwersten Sicherheitsvorkehrungen das Land besucht. Dennoch soll es nach Angaben von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm zu einem bislang nicht bestätigten Zwischenfall gekommen sein.

Auf dem Helikopterflug Merkels von Kabul zum Militärcamp der deutschen Truppen in Masar-i-Scharif habe sich vor der Landung das Selbstschutzsystem des Helikopters ausgelöst: "Wir konnten die Täuschkörper durch die offene Ladeluke sehen", sagte Wilhelm der Agentur Reuters. Durch deren Einsatz sollen Boden-Luft-Raketen abgelenkt werden. Wilhelm sagte, es könnte sich auch um einen Fehlalarm gehandelt haben: "Wir konnten das als Delegation bisher nicht aufklären."

Zwischendurch sorgten auch noch Berichte über einen möglicherweise geplanten Selbstmordanschlag im Ausfahrtbereich des Kabuler Flughafens für Aufregung. Dort sei ein Attentäter festgenommen worden, hieß es in Masar-i-Scharif. Die Kabuler Polizei wies die Berichte entschieden zurück. Es habe keine Festnahmen gegeben. Während ihres Aufenthaltes musste Merkel eine schwere Splitterschutzweste tragen.

Kurzes straffes Programm

Merkel besuchte erstmals das Land am Hindukusch, wo sich derzeit gut 3000 deutsche Soldaten an der militärischen Sicherung und am Wiederaufbau beteiligen. Die Reise war lange erwartet, aber aus Sicherheitsgründen nicht angekündigt worden. Neben dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai traf sie den Kommandeur der Isaf-Truppen, US-General Dan McNeil, den UN-Sondergesandten Tom Koenigs und den Chef des EU-Polizei-Trainingseinsatzes, Jürgen Scholz. Karsai sagte sie in Kabul mehr Hilfe beim Aufbau der Polizei zu. Die Stabilisierung müsse stärker als bisher "ein afghanisches Gesicht" bekommen. Die Entsendung von Soldaten in den umkämpften Süden lehnte sie ab, sicherte aber deutsche Nothilfe zu.

Hilfe für Polizeiaufbau

Die afghanische Polizei gilt als Schwachstelle beim Schutz der einheimischen Bevölkerung. Zurzeit sind 45 deutsche Ausbilder dort im Dienst. Ihre Zahl soll auf 60 aufgestockt werden. Das gesamte EU-Ausbilder-Kontingent soll auf 195 anwachsen. Der Bundeswehrverband hält dagegen 5000 Polizeiausbilder für nötig.

"Wenn Deutschland an einer Stelle mehr tun sollte, dann ist es jetzt erst einmal beim Polizeiaufbau", sagte Merkel nach dem Gespräch mit dem afghanischen Präsidenten. Es werde geprüft, ob dafür mehr Geld zur Verfügung gestellt werden könne: "Die Polizeiarbeit ist einer der zentralen Punkte, damit die Menschen in Afghanistan auch wirklich erleben können, dass sie in einem Staat leben, der für ihre Sicherheit sorgt." Dabei müsse die Verantwortung stückweise den Afghanen übertragen werden.

"Das ist die Antwort"

Deutschland hat nach Angaben des Innenministeriums seit 2002 insgesamt 74 Millionen Euro für die Polizeiausbildung zur Verfügung gestellt. Für 2008 sei eine Aufstockung auf 20 Millionen Euro geplant. Karsai sagte mit Blick auf die von den radikalislamischen Taliban kontrollierten Provinzen des Landes, die afghanische Armee sei zu schwach. Deshalb brauche es die von Merkel angesprochenen Sicherungsbemühungen mit "afghanischem Gesicht". Die einheimischen Kräfte müssten besser ausgebildet und ausgerüstet werden: "Das ist die Antwort", sagte Karsai.

Begonnenes fortsetzen

Deutschland habe im Rahmen der Nato die Verantwortung für den Norden des Landes übernommen, sagte die Kanzlerin. "Das Wichtigste ist, dass wir das, was wir begonnen haben, auch kontinuierlich fortsetzen." Wann immer die Truppen im Süden dringend Hilfe benötigten, würden sie diese bekommen. Sie halte aber nichts davon, die Kräfte im Norden wieder zu schwächen. Die USA und andere Nato-Staaten haben immer wieder kritisiert, Deutschland beschränke sich auf den relativ ruhigen Norden.

Bei ihrem Truppenbesuch in Masar-i-Scharif nahm sich Merkel vor allem Zeit für persönliche Gespräche mit den Soldaten. Sie ließ sich auch einige Aufklärungsfotos der dort stationierten Tornado-Kampflugzeuge erläutern. Mit ihrer Hilfe werden im ganzen Land die Bewegungen der Taliban überwacht.

Beratung über OEF-Mission

Am Donnerstag berät der Bundestag über die Verlängerung des Mandates für die umstrittene US-geführte "Operation Enduring Freedom" (OEF). Obwohl der Einsatz von bis zu 100 deutschen Elitesoldaten seit Jahren nicht mehr abgerufen wurde, gilt die deutsche Beteiligung als wichtiges Symbol der Bündnissolidarität mit den USA. Der OEF-Einsatz gegen die radikalislamische Taliban ist wegen der hohen Zahl ziviler Opfer umstritten. Bereits verlängert ist das deutsche Isaf-Mandat, unter dem 2800 Bundeswehrsoldaten den Wiederaufbau absichern sowie das Mandat für die Tornado-Aufklärer.

Quelle: ntv.de

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