15.000 Tonnen Öl im Meer Zypern bittet EU um Hilfe
31.07.2006, 13:27 UhrDie zyprische Regierung will bei der EU Hilfe für die Bekämpfung des rund 100 Kilometer langen Ölteppichs beantragen, der sich vor der Küste Libanons ausbreitet. Die Ölpest habe zwar nicht die zyprische Küste erreicht, doch dürfe angesichts des großen Problems keiner "wegschauen", meinte Landwirtschaftsminister Fotis Fotiou im zyprischen Radio (RIK) am Montag. "Wir wollen EU-Hilfe beantragen, da das Problem der Umweltverschmutzung uns alle betrifft", sagte er weiter.
Der Ölteppich wurde am Montag durch die Meeresströmungen im östlichen Mittelmeer entlang der Küste des Libanons in Richtung Syrien getrieben, gab der Minister weiter bekannt. Vor einer Woche waren nach einem israelischen Luftangriff auf Öltanks eines libanesischen Kraftwerkes 30 Kilometer südlich der Hauptstadt Beirut rund 15.000 Tonnen Schweröl ins Meer geflossen.
"Was wir gesehen haben, war einfach schrecklich", sagte der libanesische Umweltexperte Wael Hmaidan nach dem Besuch mehrerer betroffener Strände. "Wir sahen zu Klumpen geronnenes Öl mit einer Dicke von 40 Zentimetern, verendete Fische und Krabben." Wegen der anhaltenden Angriffe und der israelischen Seeblockade könnten die Behörden weder das genaue Ausmaß der Umweltschäden erheben noch mit den dringendsten Sanierungsarbeiten beginnen, legte der Experte dar, der bis für kurzem für die Umweltschutz-Organisation Greenpeace tätig war und nun als Berater für regierungsunabhängige Organisationen arbeitet.
"Je länger man nichts tun kann, desto mehr wächst die Gefahr, dass die Schäden unumkehrbar werden", sagte Hmaidan. Das Öl werde sich in den Sand an der Küste einbetten und komplexe Biotope dauerhaft zerstören. Neben vielen Fischarten seien auch Schildkröten betroffen, die demnächst aus ihren im Sand vergrabenen Eiern schlüpfen und an den Öl verklumpten Stränden das Meer nicht mehr erreichen könnten.
Die Umweltstiftung WWF befürchtet eine Umweltkatastrophe mit vielfältigen Auswirkungen sowohl auf die Bevölkerung als auch auf Fauna und Flora. Wenn im östlichen Mittelmeer 15.000 Tonnen Öl Meer und Küste verpesten, dann sei das "mit Tankerkatastrophen wie an den Küsten Europas vergleichbar", sagte am Sonntag der Meeresexperte des World Wide Fund for Nature, Stephan Lutter, in Hamburg.
Das empfindliche Ökosystem des östlichen Mittelmeers "ist Heimat vieler Fischarten und vom Aussterben bedrohter Meereschildkröten. Die Katastrophe bedroht die Lebensgrundlage der Fischer". Schweröl sei ein "Killeröl - es ist zäh, klebrig und giftig und darum gefährlicher und schwieriger zu bekämpfen als andere Öle", sagte Lutter. Schweröl ist in der Natur schwer abbaubar und hochgiftig in der Nahrungskette der Meereslebewesen.
Ausgelöst wurde das Desaster durch israelische Luftangriffe auf das Elektrizitätswerk in Dschijje, das Strom aus der Verbrennung von Heizöl gewinnt. Vier der sechs Öltanks brannten nach Bombentreffern völlig aus, während aus dem fünften, der nur beschädigt wurde, Öl ungehindert ins Mittelmeer floss. Der sechste, unterirdische Tank, blieb bislang unbeschädigt, könnte aber wegen der Hitzeentwicklung infolge der anhaltenden Schwelbrände jederzeit explodieren und weiteres Öl ins Meer fließen lassen.
Für jeden ersichtlich ist die Katastrophe auch in der Hauptstadt Beirut. Die beliebte Uferpromenade Ramlet el-Baida und der dazu gehörige öffentliche Strand bieten einen traurigen Anblick. Ölklumpen und verendetes Meeresgetier verströmen auch hier einen üblen Geruch. "Ich lebe nahe am Meer", berichtet Fischer Maheddine Halabi, "seit Tagen verursacht der Geruch Kopfweh und Brechreiz". Der Fischer, der von den Erträgen des Meeres lebt, hat vorerst seine Existenzgrundlage verloren. Für die Behebung der Schäden, mit der erst nach einer Waffenruhe begonnen werden könne, setzt Umwelt-Experte Hmaidan einen Zeitraum von "mindestens sechs Monaten" an.
Quelle: ntv.de