Dossier

Verbündete von einst und heute Ral Castro in Moskau

Kubas Staatschef Ral Castro erkannte die verschneite Residenz Sawidowo bei Moskau nach über 20 Jahren gleich wieder. "Der russische Wald hat mir wirklich gefehlt", sagte der durchgefroren wirkende Gast aus der Karibik seinem russischen Kollegen Dmitri Medwedew. Als der heute 77-jährige Bruder von Revolutionsführer Fidel zuletzt in den 80er Jahren Moskau besucht hatte, herrschte im Kreml noch die alte Garde des Sowjetsystems.

Bei seinem Besuch in Moskau traf Ral jetzt die Enkel der kommunistischen Führer, die mit Sozialismus und Planwirtschaft inzwischen wenig zu tun haben. Es sind vor allem zwei Dinge, die die Verbündeten von einst wieder zusammenbringen. Da ist zum einen der gemeinsame Widerstand gegen eine Dominanz der USA auch im Energiebereich. Und auf der anderen Seite ist Kuba wirtschaftlich zu schwach, seine Bevölkerung mit eigener landwirtschaftlicher Produktion zu ernähren. Die Kubaner setzen deshalb wie einst auf Moskau. Die jüngsten Zerstörungen durch drei Hurrikane in der Karibik haben den Prozess der Wiederannäherung beschleunigt.

Moskau und Peking wollen Vakuum füllen

Moskau schickte sofort Flugzeuge mit Hilfsgütern nach Kuba, das gleichzeitig die Unterstützung der USA ablehnte. Vize-Regierungschef Igor Setschin besuchte Havanna im vergangenen Jahr mehrmals. Russische Minister geben sich auf Kuba mittlerweile die Klinke in die Hand. Mit den Abkommen, die Castro jetzt mit Medwedew unterzeichnete, ist Russland bestrebt, seinen politischen Einfluss in Lateinamerika als Gegenpol zu den USA zurückzugewinnen. Allerdings hat das frühere Engagement Moskaus vor der "Haustür" Washingtons noch heute einen bitteren Nachgeschmack: Mit der Stationierung sowjetischer Raketen auf Kuba provozierte der Kreml 1962 eine unmittelbare militärische Konfrontation der Sowjetunion und den USA. Die Welt stand am Rand eines Atomkriegs.

Die jetzigen Ambitionen beider Staaten werden wesentlich von wirtschaftlichen Interessen gelenkt. Im Falle Kubas geht es vor allem um die Beteiligung an der Förderung und Ausbeutung von Ölvorkommen im Golf von Mexiko, die eigentlich Sache dreier Staaten sein sollte: Mexikos, Kubas und eben der USA. Rals Vorgänger Fidel hatte Kuba auch dank des Bündnisses mit der Sowjetunion fast 50 Jahre beherrscht. Wirtschaftlich hatte Kuba in den Ländern des kommunistischen Lagers gute Abnehmer für seine Produkte wie Zucker und Südfrüchte. Das führte zu Zufriedenheit in der kubanischen Bevölkerung. Als aber das kommunistische System einstürzte, geriet Kuba an den Abgrund.

Die USA hätten sich selbst zuzuschreiben, dass ihr Einfluss in Lateinamerika gesunken sei, kommentierte die russische Zeitung "Wedomosti" kürzlich. Der bisherige US-Präsident George W. Bush habe die Region ignoriert. Und im Wahlkampf zwischen Bushs Nachfolger Barack Obama und John McCain spielte Lateinamerika nur eine Rolle beim Thema Einwanderung, stellte das Blatt fest. Das Vakuum in den Beziehungen will neben Moskau auch verstärkt Peking füllen.

Quelle: ntv.de, Franz Smets und Wolfgang Jung, dpa

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