Ex-Stasi-Größen Stehen zur Vergangenheit
26.12.2007, 13:20 UhrSie halten zusammen, sie klopfen sich bei ihren Treffen auf die Schulter und beschwören den gemeinsamen Feind. Auch mehr als 18 Jahre nach dem Mauerfall stehen Ex-Mitarbeiter des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) ohne Wenn und Aber zu ihrer Vergangenheit. Doch ob die alten Genossen am 28. Dezember ihrem früheren Chef Erich Mielke huldigen, der dann seinen 100. Geburtstag gehabt hätte, bleibt unklar. "Es ist nichts bekannt", heißt es vorsichtig bei der Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Unterstützung (GRH), einem Verein früherer Stasi-Mitarbeiter. Der als Betonkopf und Hardliner geltende Stasi-Minister starb im Mai 2000 und wurde anonym in der Berliner Gedenkstätte der Sozialisten beigesetzt.
Längst nicht mehr konspirativ schimpfen die ergrauten Stasi-Leute immer ungenierter auf die jetzt "Herrschenden und ihre Helfer". Alles Sozialistische, vor allem ehemalige MfS-Mitarbeiter würden verleumdet und kriminalisiert, beklagte kürzlich Ex-Stasi-Generalmajor Heinz Geyer bei der Vorstellung seiner Autobiografie in Berlin. Soziale Gerechtigkeit und Frieden könnten nicht von einem System gestiftet werden, in dem das Geld der Maßstab aller Dinge sei, meinte der letzte Stabschef in der für die Auslandsspionage zuständigen Hauptverwaltung Aufklärung im Brustton der Überzeugung.
Opfer in Rage
Diese Selbstgerechtigkeit bringt viele der Opfer, die unter der Stasi litten oder in Haft saßen, in Rage. Sie fühlen sich ohnehin oft an den Rand gedrängt. Ob es demokratisch sei, wenn Stasi-Offiziere heute ihre Meinung kundtun können, ohne dass ihnen etwas passiert - in der DDR wären sie es doch gewesen, die Andersdenkende ins Gefängnis gebracht hätten? Doch wie bei der Lesung von Geyer werden solche Fragen unter dem Beifall der alten Genossen oft "als nicht zur Sache gehörend" abgetan. Im brandenburgischen Jüterbog wurde aber ein Auftritt früherer Stasi-Offiziere nach Protesten abgesagt, ebenso eine Konferenz mit Stasi-Größen in Berlin.
Als dann im zweiten Anlauf die Tagung im dänischen Odense im November doch zustande kam, war die Empörung groß, denn die einstige Stasi-Elite rechtfertigte ihren Einsatz als humanistisch und friedenssichernd. Der Veranstalter distanzierte sich erst im Nachhinein. Die Ex-Stasi-Mitarbeiter hätten sich nicht gescheut, "alte Glaubenssätze vorzutragen, bis hin zu der unfassbaren Aussage, dass Verräter erschossen gehören", erklärte der Historiker Thomas Wegener Friis, der eigentlich zur Aufarbeitung beitragen wollte. Nun musste er eine "Verachtung grundlegender Menschenrechte" feststellen.
Werbung um Mitglieder
Darauf zu setzen, dass sich die alternden Ex-Stasi-Größen zurückziehen, dürfte vergeblich sein. Sie sind organisiert. Der eingetragene Verein GRH beispielsweise betreibt nicht nur eine Internetseite, sondern wirbt auch mit Flyern um Mitglieder. Mit einem Monatsbeitrag von drei Euro kann der Kampf gegen "politische Strafverfolgung und Kriminalisierung von DDR-Bürgern, für Rehabilitierung und Gerechtigkeit" unterstützt werden.
Überlegungen, Zusammenschlüsse früherer Stasi-Leute vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen, erwiesen sich als nicht praktikabel. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) kam zu der Einschätzung: "Geschichtsrevisionistische Cliquen sind nicht Gegenstand des Verfassungsschutzes."
Von Jutta Schütz, dpa
Quelle: ntv.de