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"Leichte Anfänge von Weimar" Beim stärksten Moment in Söders Rede geht es gegen die AfD

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"Wir sind auf dem Weg in eine destruktive Demokratie", sagt Söder in München.

"Wir sind auf dem Weg in eine destruktive Demokratie", sagt Söder in München.

(Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur)

Eindringlich warnt Markus Söder vor der AfD. Man müsse diese Partei ernster nehmen, "die wollen an die Macht", sagt er in München. Anders als sein CDU-Kollege vermittelt Söder den Eindruck, dass er verstanden hat, worum es geht.

Den Ruf, ein politischer Flip-Flopper zu sein, ein Wendehals, der seine Meinung immer dann wechselt, wenn es gerade opportun erscheint, wird Markus Söder möglicherweise nicht mehr los. Vor fünf Jahren kokettierte er mit Schwarz-Grün, im aktuellen Wahlkampf sind sie für ihn der wahre Gottseibeiuns. Beim flüchtigem Hinhören könnte man den Eindruck bekommen, er sähe sie als Hauptgegner der Union an.

Auch auf dem Parteitag in München, bei dem Söder mit einem Rekordergebnis wiedergewählt wurde, sparte er nicht mit Kritik an den Grünen. Er machte Witze über den Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock in der Mongolei und nannte die Grünen eine Verbotspartei, die nicht zu Bayern passe. Zum wiederholten Mal versicherte Söder, dass es keine Zusammenarbeit mit den Grünen geben werde.

Solche Sätze sind längst Klassiker, die beim CSU-Publikum verlässlich gut ankommen. Der stärkste Moment seiner Rede war jedoch ein anderer. Söder las ein paar kurze Zitate aus Zuschriften vor, die ihn erreicht hätten - nicht ausdrücklich unterzeichnet von AfD-Mitgliedern, aber, so Söders nachvollziehbare Einschätzung, aus dem Umfeld der AfD. "Söder, du Judensau, du gehörst an der Bavaria aufgehängt", habe ihm einer geschrieben. Ein anderer drohte: "Wir kommen an die Macht. Ab jetzt gibt es was aufs Maul." Oder, noch drastischer: "Ihr korrupten Schweine der Altparteien, ihr müsst alle an den Galgen." Die Bierzeltatmosphäre, die Söders Reden meist anhaften, war schlagartig weg.

Nach diesen Zitaten fuhr Söder an die Delegierten gewandt fort: "Ich sage euch eins, ich verspreche es: Diese Leute kommen nicht an die Macht. Diesen Leuten legen wir das Handwerk, so wahr mir Gott helfe, wir als CSU verhindern das, dass solche Leute die Macht in unserem Land übernehmen!"

Söder hat verstanden, worum es geht

Bei allen Kurswechseln, die Söder bereits hingelegt hat, hier ist er sonnenklar. Er warnte: "Wir müssen die AfD ernster nehmen, die wollen an die Macht." Er benannte auch die konkrete Gefahr, die davon ausgeht: die Idee, ausgerechnet im Angesicht des russischen Imperialismus einen Austritt aus der NATO zu fordern. Die Höcke-Vorstellung, die EU müsse "sterben", ein Todesstoß für den deutschen Wohlstand. Der Traum, Andersdenkende aburteilen zu können.

Man kann einwenden, dass Söder es leichter hat als sein CDU-Kollege Friedrich Merz. Trotz nicht so guter Werte ist die Mehrheit seiner Koalition praktisch sicher. Anders als in ostdeutschen Bundesländern liegt die AfD in den Umfragen in Bayern nicht vor der Union. Und doch führt Söder eine Haltung vor, die Merz vermissen lässt. Statt einer klaren Ansage kam in München vom CDU-Vorsitzenden denn auch nur der Hinweis, dass die CDU "auch und gerade in Ostdeutschland" um Mehrheiten kämpfe, "auch wenn es schwierig wird".

Anders als Merz vermittelt Söder den Eindruck, dass er vollkommen verstanden hat, worum es geht. "Wir sind auf dem Weg in eine destruktive Demokratie", sagte er in München. "Es zählt nur noch, wer gegen was ist, nicht mehr, wer für was ist." Sogar "leichte Anfänge von Weimar" merke man. "Deswegen lasst uns auf diese Demokratie achtgeben. Diese Demokratie braucht engagierte Demokraten." Und nicht nur das: Sie braucht gelegentlich auch eine klare Ansage. Von Söder kam heute eine. Von Merz nicht.

Quelle: ntv.de

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