Kommentare

Zwischenruf Bon voyage, Frau Merkel!

Von Manfred Bleskin

Wenn einer eine Reise macht, dann kann er was erzählen. Und wer viel reist, kann viel erzählen. Wer viele Reisende empfängt natürlich auch. Angela Merkel macht beides.

Derweil türmen sich in der heimischen Innenpolitik die Probleme. Die Große Koalition ist laut Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach am Tiefstpunkt angelangt. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble beschwört nukleare Terrorszenarien, löst damit einen politischen Tsunami aus und verkündet ein paar Tage später, das das so ja gar nicht gemeint gewesen sein.

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung lässt das Grundgesetz Grundgesetz sein und will bei Terrorgefahr im Verzuge Passagierflugzeuge abschießen lassen, auch wenn dabei Unschuldige getötet werden. Per Bild-Zeitung wird dem staunenden Volk verkündet, dass es immer noch so viel verdient wie vor gut 20 Jahren, was keineswegs neu ist: Ein Blick in frühere, allgemein zugängliche Statistiken hätte genügt. Das deutsche Bildungssystem wird von der OECD einer vernichtenden Kritik unterzogen, die Zahlen über die Kinderarmut in Deutschland treiben einem die Schamröte ins Gesicht.

Frau Merkel nicht. Sie schweigt, lässt bestenfalls über Sprecher den einen oder anderen Kommentar verbreiten. Und reist und empfängt. Da schweigt sie nicht. In Grönland und bei der UNO rettet sie die Welt vor der Klimakatastrophe. Dem Dalai Lama gewährt sie eine publikumswirksame Show, während ihr österreichischer Kollege Alfred Gusenbauer dem Mann bei seiner PR-Tour durch deutschsprachige Lande eine Audienz fernab der Blitzlichtgewitter gewährt. Gusenbauer übrigens hat einen Abschuss von Passagiermaschinen klar als ungesetzlich zurückgewiesen. Wie er trotz der Widerstände in seinem rot-schwarzen Regierungsbündnis durchgesetzt hat, dass in der Alpenrepublik ab 2009 ein bundesweiter Mindestlohn eingeführt wird. Wie sich Wien wohl auch bald vom Kombilohn verabschieden wird, der sich nach einem halben Jahr als Flop erwiesen hat. Für Angela Merkel ist ein bundesweiter Mindestlohn immer noch ein Arbeitsplatzvernichter, der Kombilohn das Non plus ultra.

In diesem Sinne: Bons voyages, viele schöne Reisen noch, Frau Bundeskanzlerin. Davon eine vielleicht nach Österreich.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen