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Zwischenruf Das Herz schlägt rechts

Auch wenn Silvio Berlusconi zu seinen Zeiten als Ministerpräsident gern den Eindruck erweckte, bei ihm schlüge es in der Mitte. Und EU-Europas Regierende es dem Cavaliere glaubten, ihn zumindest aber behandelten, als glaubten sie ihm. Seine Sympathiebekundungen für den "Duce" und den Faschismus sind Legion. Die EU jedoch duckte sich vor dem Mann, der die Union mehr als einmal lächerlich machte. Italien war schließlich etwas anderes als Österreich, dem man – zu Recht – den Haider mit seinen Sympathien für die Waffen-SS um die Ohren haute.

Es ist eine Wohltat für den Alten Kontinent, dass er Berlusconi los ist. Die Italiener müssen ihn wohl noch einige Zeit ertragen, aber der Countdown läuft. Gebetsmühlengleich hatte er in den vergangenen Wochen wiederholt, die Mitte-Links-Regierung von Romano Prodi werde stürzen. An einem Freitag, keinem 13., sondern am 16. des Monats November. Doch Prodis Kabinett, das schon manche Klippe gerade mal so umschifft hatte, schaffte es, den umstrittenen Haushalt für das nächste Jahr im Senat durchzubringen. Wenn auch mit denkbar knapper Mehrheit. Prodis Bündnis aus einem Dutzend Parteien verfügt in der zweiten Parlamentskammer nur über eine Stimme mehr als die Opposition. Dünn. Sicher, aber: Wenn dicht daneben auch vorbei ist, gilt dies auch umgekehrt.

Der Große Wahrsager hatte sich wieder einmal geirrt. Doch das ficht einen wie ihn nicht an. Schon tags darauf verkündet er, 3,7 Millionen Bürgerinnen und Bürger hätten einen Aufruf unterschrieben, in dem der Rücktritt der Regierung und Neuwahlen gefordert werden. Nur Stunden zuvor hatte sich Berlusconis Wahlverein Forza Italia zu Wort gemeldet, und von zweieinhalb Millionen Signaturen gesprochen. Woher die Differenz von 800.000 kommt, wird das Geheimnis des Großen Rechenmeisters bleiben.

Des Cavaliere hemdsärmeliger Politikstil geht selbst seinen einstigen Koalitionspartnern auf die Nerven. So setzte sich Gianfranco Fini, Chef der postfaschistischen Alleanza Nazionale, in deutlichen Worten vom Großen Steuermann ab. Ohne den wird Berlusconi aber, sollte es irgendwann einmal tatsächlich zu einem neuen Urnengang kommen und Berlusconi noch mitmischen, kein Kabinett bilden können. Drum schaut sich der Medienmogul immer schon mal nach neuen Alliierten um. Mussolinis Enkeltochter Alessandra und ihrer neofaschistischen Azione Sociale gegenüber hat er schon genug Avancen gemacht. Als sich kürzlich in Rom mit La Destra, zu Deutsch Die Rechte, eine neue neofaschistische Partei konstituierte, ließ sich Berlusconi feiern und tat kund: "Mein Herz schlägt für euch". Rechts. Eben. Für die Neofaschisten.

Quelle: ntv.de

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