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Zwischenruf Ecuador: Ring frei zur dritten Runde

Mit dem dritten Sieg von Amtsinhaber Correa in Folge hat das linke Lager in Ecuador seine Positionen weiter gefestigt. Nun kommt es darauf an, die sozialen Verbesserungen für breite Teile der Bevölkerung nachhaltig zu gestalten und autoritären Tendenzen in der Amtsausübung entgegenzuwirken.

Rafael Correa ist erneut zum Präsidenten von Ecuador gewählt worden.

Rafael Correa ist erneut zum Präsidenten von Ecuador gewählt worden.

(Foto: REUTERS)

Der Sieg von Amtsinhaber Rafael Correa bei den Präsidentenwahlen in Ecuador ist ein weiterer bedeutender Schritt bei der Konsolidierung der linksgerichteten Umgestaltungsprozesse in Lateinamerika. Mit knapp 57 Prozent der Stimmen gelingt es ihm, den zweitplatzierten Guillermo Lasso mit rund 24 Prozent deutlich auf die Plätze zu verweisen. Lasso, der eng mit dem einheimischen und ausländischen Kapital verbunden ist, konnte mit seinem neoliberalen Programm nicht überzeugen.

Correa, der seit 2006 amtiert, kann auf eine durchaus beachtliche Bilanz verweisen. Ähnlich wie in Venezuela gelang es mit einem "Buen Vivir" (gutes Leben) genannten Programm umfangreicher Sozialleistungen die Armut breiter Schichten der Bevölkerung zu lindern. Auch die dank großzügiger Unterstützung stark angewachsenen städtischen Mittelschichten konnten profitieren. Die Arbeitslosigkeit ist auf 4,6 Prozent gesunken, der Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung ist kostenlos, Renten wurden erhöht. Finanziert wird das Ganze über die Einnahmen der Erdölindustrie, deren Erlöse sowohl aus der günstigen Preisentwicklung als auch aus Verträgen mit ausländischen Konzernen resultieren.

Konflikt mit indigenen Bevölkerung programmiert?

Zwar hat Correa in einer seiner Wahlkampfreden auch davon gesprochen, Wissenschaft und Infrastruktur künftig größere Aufmerksamkeit zu widmen. Doch setzt er weiter vorrangig auf die Nutzung der natürlichen Ressourcen: Gold- und Kupfervorkommen sollen von kanadischen und chinesischen Unternehmen erschlossen werden. Dies lässt eine Zunahme der Konflikte mit der indigenen Bevölkerung erwarten, in deren Siedlungsgebieten sich die Lagerstätten befinden. Bewegungen zunächst zu den maßgeblichen Unterstützern Correas gehörten. Die indigenen Basisbewegungen hatten ursprünglich zu den aktivsten Unterstützern Correas gehört.

Während der bisherigen Präsidentschaften Correas gelang es, das über Jahrzehnte von Militärputschen und Regierungskrisen heimgesuchte Land politisch zu stabilisieren. 2010 wurde ein Putschversuch rechtsgerichteter Polizeieinheiten erfolgreich niedergeschlagen. Zwar hatte US-Außenministerin Hillary Clinton damals Correa ihre Unterstützung signalisiert. Doch erstens ist Frau Clinton nicht Präsidentin ihres Landes, und zweitens fährt Correa einen strikt gegen die Interessen Washingtons gerichteten außenpolitischen Kurs. Auf sein Betreiben wurde der Vertrag über den US-Militärstützpunkt Manta nicht verlängert. Auch der Widerstand gegen eine Mitgliedschaft in der Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) und sein Engagement in der Bolivarischen Allianz für die Völker unseres Amerika (ALBA) an der Seite von Venezuela, Bolivien, Kuba und anderen lateinamerikanischen Staaten ist der US-Administration ein Dorn im Auge.

Vom Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Rahmen der ALBA, Strukturveränderungen in der Wirtschaft, einer nachhaltigen Verbesserung der Lage weiterer Bevölkerungsteile und dem Abbau autoritärer Tendenzen in Correas Amtsausübung wird es in Runde drei seiner Präsidentschaft abhängen, ob das selbstgesteckte Ziel eines Sozialismus des 21. Jahrhunderts erreicht wird oder das Experiment als halbherziger Versuch eines neokeynesianischen Umverteilungskapitalismus endet.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Manfred Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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